Der Schweizer Silicon-Valley-Manager David Marcus leitete den Bezahldienst Paypal und bei Facebook den Messenger. Jetzt will er in Genf für Facebook die Digitalwährung Libra lancieren, wie er vor einem guten Monat im Westschweizer Fernsehen erklärte. «Wenn wir das gut machen, wird Libra die Finanzwelt revolutionieren», sagte Marcus. «Wir werden die Kosten für Bankgeschäfte reduzieren und 1.7 Milliarden Menschen den Zugang zum Bankensystem geben, die heute nicht solche Transaktionen machen können».
Beim Bundesrat stiess Marcus auf offene Ohren. Die Schweizer Regierung will Digitalwährungen, die auf der Blockchain-Technologie basieren, fördern. Man hofft, so der Finanzbranche neuen Schub verleihen zu können. In Zug entstand das so genannte «Krypto-Valley». Dass Libra in die Schweiz komme, sei ein «positives Zeichen für den Wirtschaftsstandort», schrieb der Bundesrat im August.
Weltweite Kritik
Doch seither hat der Wind gedreht. Einflussreiche Notenbanker kritisierten das Libra-Projekt: Die Stabilität der Währungen sei mit Libra gefährdet, man könne Libra nicht wie eine herkömmliche Währung steuern.
Die oberste US-Verantwortliche für Terror- und Finanzaufklärung reiste im September nach Bern und warnte die Schweizer Behörden. Im Oktober sprangen beim umstrittenen Facebook-Projekt dann auch die wichtigen Kreditkarten-Partner Visa und Mastercard ab.
Bundesrat kritischer
Diese Woche äusserte sich in der «Neuen Zürcher Zeitung» auch Bundespräsident und Finanzminister Ueli Maurer deutlich kritischer: «In seiner ursprünglichen Form stösst Libra international auf zu viel politischen Widerstand», resümierte der SVP-Bundesrat.
SVP-Finanzspezialist und Banker Thomas Matter doppelt nach: Die Schweiz sei gut beraten, Libra nicht zu bewilligen. Libra sei eine Gefahr für den Schweizer Franken. Da Libra mit herkömmlichen Währungen hinterlegt sei, könnte der Franken unter einen noch stärkeren Aufwertungsdruck kommen.
SP-Konsumentenschützerin und Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo warnte schon im Sommer vor Libra. Endlich erkenne auch die Regierung die Gefahren.
«Leider erfolgt die kritische Auseinandersetzung mit den grossen Risiken von Libra spät», so Birrer-Heimo. «Die Schweiz als von Libra ausgesuchter Standort muss die Risiken einer privaten Parallelwährung aktiv angehen.»
Libra-Chef bleibt zuversichtlich
Libra-Manager David Marcus gibt sich selbstkritisch. «Die Angst vor Facebooks Grösse kann ich verstehen», sagte er gegenüber dem Westschweizer Fernsehen, «auch haben wir Fehler in der Vergangenheit gemacht». Marcus glaubt trotz weltweiter Kritik immer noch daran, dass er die Währung lancieren kann.
Die Schweizerische Nationalbank wird Libra wohl als eine Art systemrelevante Grossbank einstufen und darum mitreden, wenn es um eine Bewilligung für die Facebook-Währung geht. Die Nationalbank wird zudem Rücksprache mit anderen Notenbanken nehmen. Im Moment sind die Notenbanker dermassen skeptisch, dass Facebook kaum wie geplant bereits 2020 mit seiner Währung an den Start gehen kann.