Das Wichtigste in Kürze
- Grüne Energie für die Zukunft: So verkauften die Unternehmen Credit Suisse und BKW ihr Millionen-Investment in den norwegischen Windpark «Fosen Vind».
- Tatsache ist: Eine indigene samische Rentiergemeinschaft hat Klage gegen den Windpark eingereicht wegen Verletzung des Menschen- und Völkerrechts.
- Die Investoren aus der Schweiz halten dagegen, es sei alles rechtens verlaufen.
Sein ganzes Leben lang hat der 69-jährige Rentierhalter Arvid Jama für den Weidegrund seiner wilden Tiere gekämpft. Doch jetzt ist es so ernst wie noch nie. Auf einem seiner kostbarsten Winterweide-Gebieten auf «Storheia» in Norwegen wird eine Windanlage gebaut. Rentierhalter Jama sagt: «Sie attackierten meine Weideflächen. Sie machen alles, um meinen Rentieren den Boden zu nehmen. Es ist ein neuer Kolonialismus.»
Rentierhalter kämpfen gegen Grosskonzerne
Arvid Jama versucht die Weidegründe seiner 30-köpfigen Samengemeinschaft zu retten. Sie klagen in Norwegen gegen die Enteignung. Die Samen haben aber auch international Beschwerde eingereicht beim UNO-Ausschuss für Rassendiskriminierung (CERD) in Genf. «Der Windpark verschlingt einen Drittel unserer Winterweiden. Damit ist unsere Existenz bedroht», sagt Jama.
Arvid Jama gehört zu den rund zehn Prozent Samen, die noch Rentiere halten. Diese sind für die samische Kultur zentral: Sprache und Identität sind eng mit der Rentierhaltung verknüpft. Thomas Ahren, Mitglied des norwegischen Parlaments der Samen: «Fakt ist, Rentierhalter sind Träger unserer Kultur. Vor allem hier in der Gegend der Südsamen. Verschwinden sie, gibt es auch die Samen-Kultur nicht mehr, die wir heute kennen.»
Geld aus der Schweiz
Ein Teil der Windpark-Investoren kommt aus der Schweiz: Die Grossbank Credit Suisse und der Energiekonzern BKW beteiligten sich vor zwei Jahren finanziell am Projekt in Norwegen.
Die beiden Schweizer Firmen sind Teil des Konsortiums Nordic Wind Power DA, dem 40 Prozent des Windparks gehört. Haupteigentümer ist der staatliche norwegische Energiekonzern Statkraft. Sie alle bestreiten, die Rechte der indigenen Samen zu verletzen. Trotz eines hängigen Verfahrens haben die Konzerne aber eine vorzeitige Baubewilligung erwirkt und mit den Arbeiten auf dem umstrittenen Gelände begonnen.
NGO kritisiert Schweizer Investoren
Auf Anfrage von «Kassensturz» überprüft die NGO Gesellschaft für bedrohte Völker den Vorgang beim Bau des umstrittenen Windparks in Norwegen. Projektleiterin Angela Mattli kommt zum Schluss: «Hier wird Menschen- und Völkerrecht verletzt. Das Recht der Samen auf Selbstbestimmung und Anhörung wurde nicht wahrgenommen. Es ist Aufgabe der Schweizer Investoren, diesen Sachverhalt unabhängig zu prüfen.»
Die Gesellschaft für bedrohte Völker fordert die Schweizer Investoren auf, sich aus der umstrittenen Windanlage «Storheia» zurückzuziehen, solange keine einvernehmliche Lösung mit den Samen vorliegt.
UNO-Kommission fordert Baustopp
Rentierhalter Arvid Jama ist besorgt um die Zukunft seiner Gemeinschaft. «Ich bin ein Befürworter der grünen Energie. Aber nicht, wenn sie das Land und die Perspektive unserer Kinder raubt.» Doch nun winkt dem Volk der Südsamen Hoffnung: Der UNO-Ausschuss gegen Rassendiskriminierung (CERD) ist auf seine Klage eingetreten. Der Ausschuss fordert einen Baustopp auf «Storheia», solange der Fall nicht geklärt ist.
BKW und Credit Suisse nehmen dazu kurz und knapp Stellung: «Das Konsortium hat den Brief des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte an den norwegischen Staat zur Kenntnis genommen und wird diesbezüglich den Kontakt mit den Behörden suchen.»