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Wer darf entscheiden über Leben und Tod?
Aus Rendez-vous vom 21.11.2017. Bild: Keystone
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Würdiges Sterben vorbereiten Wer soll über Leben und Tod entscheiden?

Über den Tod bestimmen, sei am Ende oft nicht mehr so wichtig, sagt eine Studie. Es brauche neue Patientenverfügungen.

Selber über den eigenen Tod bestimmen zu können, ist wohl die grösste Freiheit des Menschen. Dementsprechend ist die Selbstbestimmung ein wichtiges Recht. Doch eine Nationalfonds-Studie von der Luzerner Zivilrechtlerin Regina Aebi-Müller zeigt, dass der Wunsch, über den eigenen Tod bestimmen zu können, bei vielen Menschen am Lebensende gar nicht mehr so ausgeprägt ist.

Darum fordern die Forscher nun neue Patientenverfügungen. Das Team beschäftigte sich zunächst mit vielen konkreten Fällen und untersuchte, wie die Entscheidungsfindung in den Spitälern abläuft. Konkret ging es um die Frage, wer entscheidet, wenn es um Lebensverlängerung und Sterben geht.

Das Resultat hat Aebi-Müller überrascht: «Die Sterbesituationen sind ausserordentlich vielfältig. Die zentrale Erkenntnis ist, dass die Selbstbestimmung – wie man stirbt – nicht im Vordergrund steht.»

Patientenverfügungen erinnern an Arztserien

Im Erwachsenenschutzgesetz hingegen steht die Selbstbestimmung im Vordergrund. Das sei grundsätzlich nicht falsch, sagt Aebi-Müller.

Aber wo es um die Rechte im Dreieck von Patienten, Angehörigen und Ärzten am Lebensende geht, sei Selbststimmung falsch, sagt Aebi-Müller. «Im Bereich des Sterbens ist es nicht realistisch, dass man selbstbestimmtes Sterben mit gutem Sterben gleichsetzt.» Die Patientenverfügungen zeigen am deutlichsten, was passiert, wenn man zu sehr auf Selbstbestimmung schaut.

Man kann sich nicht darauf verlassen, ob die Patientenverfügung wirklich das wiedergibt, was der Patient in dieser Situation will.
Autor: Regina Aebi-Müller Zivilrechtlerin, Leiterin der Nationalfonds-Studie

Die heutigen Patientenverfügungen läsen sich oft so, als seien sie nach einer Folge aus der Serie «Dr. House» geschrieben worden, sagt die Forscherin. Und dennoch müssen die Ärzte diese Verfügungen befolgen. «Es zeigt sich, dass diese Patientenverfügungen in der Praxis sehr oft nicht valide sind. Man kann sich nicht drauf verlassen, ob das wirklich das wiedergibt was der Patient in dieser Situation will.»

Gesetzliche Vertreter einbeziehen

Deshalb fordert die Spezialistin für Zivilrecht, dass Patientenverfügungen ganz neu konzipiert werden. Sie will von den Formularen, die man allein zuhause ausfüllt, wegkommen und den Hausarzt bei der Vorbereitung hinzuziehen.

Er kann dem Patienten erklären, wie schwierig es ist, in den dynamischen Notsituationen am Lebensende alle wichtigen Informationen rechtzeitig zu bekommen. Darum brauche es den Arzt beim Entwerfen der Patientenverfügung. «Wenn man die Patienten aufklärt, was es konkret bedeutet, wenn sie das Formular ausfüllen, dann entscheiden sie ganz anders. Das zeigen zahlreiche Studien.»

Auch die Abhängigkeiten vom Arzt und den Angehörigen müssten mitbedacht werden, wenn es um den eigenen Tod geht. Zum Beispiel muss genau geregelt werden, wer zuständig ist, falls der Betreffende selbst nicht mehr urteilsfähig ist.

Oft entscheiden die Ärzte

Diesen Vertreter sollte man in die sachliche Vorbereitung einbeziehen. Darum fordert Aebi-Müller, dass auch die Vertretungsrechte besser geregelt werden. Es gebe Patienten, bei denen sei absehbar, dass es zu einer Krise kommen werde: «Eine Art Vertreterverfügung ist ein guter Weg, vorausschauend als Angehöriger festzulegen, wie in der Krise vorgegangen werden soll.»

Das sei auch im Interesse der Ärzte. Denn weil die Informationen von Patienten und Angehörigen oft unzureichend sind, entscheiden noch immer viele Ärzte in den Dramen am Lebensende allein und so, wie sie es für richtig halten. Eine vorausschauende Planung mit verbesserten Patienten- und Vertreterverfügungen könnte den Ärzten helfen, ihre Entscheide mit den Betroffenen besser abzustimmen.

Aebi-Müller ist überzeugt, dass dadurch viele unnötige Behandlungen vermieden werden könnten. Denn der Entscheid, auf eine Behandlung zu verzichten, muss vom Patienten oder ihren Angehörigen kommen.

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