Die Geschehnisse: Am 31. Juli 2007 wollte die damals fünfjährige Ylenia im Hallenbad in Appenzell ihr Shampoo holen. Sie hatte es da vergessen. Ylenia wurde zuletzt beim Verlassen des Hallenbads gesehen. Zuhause kam sie aber nie an. Die Mutter informierte daraufhin die Polizei.
Am selben Tag an dem Ylenia verschwand, wurde im Bürerstich beim Hartmannswald ein Mann durch ein damals Unbekannten angeschossen. Die Polizei suchte in diesem Zusammenhang nach einem weissen Kastenwagen mit einem spanischen Kontrollschild. Dieser war zuvor auch vor dem Hallenbad in Appenzell gesichtet worden.
Der Kastenwagen wurde am gleichen Tag am Rande es Hohrainwalds in der Gemeinde Oberbüren SG gefunden. Einen Tag später, am 1. August, fand die Polizei die Leiche des Besitzers. Der in Spanien lebende Auslandschweizer Urs Hans von Aesch (67) hatte Selbstmord begangen.
Anhand von DNA-Spuren wurde festgestellt, dass sich Ylenia in seinem Fahrzeug aufgehalten hatte. Spaziergänger fanden später ihren Rucksack mit Kleidern, Velohelm und ihrer Tretrolle beim Hartmannswald. Ylenia blieb allerdings vermisst. Erst am 15. September 2007 wurde ihre Leiche im Hartmannswald von einer Privatperson gefunden.
Rechtsmedizinische Untersuchungen ergaben, dass Ylenia keine körperliche Gewalt angetan wurde und sie nicht sexuell missbraucht worden war. Sie starb an einer Überdosis Toluol.
Die Kritik: Die Polizei stand nach dem Fund der Leiche in der Kritik, weil sie den Wald zwar mehrmals durchsucht, die Leiche aber nicht gefunden hatte. Die Polizei begründete das damit, dass die Leiche im Boden vergraben worden war.
Kritisiert wurde im Zusammenhang mit dem Fall Ylenia auch die Zeitung «Blick». Die Kantonspolizei St. Gallen veröffentlichte nach wiederholten Spekulationen der Zeitung mehrfach Richtigstellungen. Die St. Galler Staatsanwaltschaft warf dem «Blick» vor, er würde «die Öffentlichkeit bewusst falsch informieren». Auch Ylenias Mutter und weitere Angehörige von ihr kritisierten, dass sie sich auf Grund der Berichterstattung immer wieder falsche Hoffnungen gemacht hätten.
Die Folgen: Die Politik reagierte auf den Mord an Ylenia. 2007 wurde ein landesweiter Entführungsalarm diskutiert. Erst nach dem Mord an Lucie 2009 geriet das Projekt allerdings wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Seit Anfang 2010 ist es in Kraft. Das national koordinierte System wird dann aktiviert, wenn ein konkreter Verdacht oder die Gewissheit besteht, dass ein Kind entführt wurde.
Innerhalb von wenigen Minuten können so Durchsagen in Zügen und Bahnhöfen, auf Autobahnanzeigetafeln und via elektronische Medien verbreitet werden. Bis heute wurde das System noch nie gebraucht. Der Bundesrat prüft noch, ob das System auch bei der Entführung Erwachsener angewenden werden soll.
Wie das Bundesamt für Polizei (fedpol) sagt, sei der Entführungsalarm bloss eines von vielen Ermittlungsinstrumenten. Oft stünden forensische Informatik- und Cyberermittlungen im Zentrum der Suche.