Vor zwei Jahren skizzierte der Bundesrat im sicherheitspolitischen Bericht die Idee eigener Schweizer Aufklärungssatelliten. Seither hat die Armee die «Zelle Weltraum» gegründet. Diese hat heute ihre Arbeit vorgestellt.
Mit Satellitenbildern und Satellitendaten arbeitet auch die Schweizer Armee schon längst. Nur muss sie diese Bilder einkaufen, meist bei privaten Anbietern. Dies sei im Alltag nicht problematisch, in einem Konfliktfall allerdings schon, erklärt Ludovic Monnerat, Chef der «Zelle Weltraum»: «Die private Organisation, welche die Bilder liefert, wüsste dann nämlich genau, was für uns relevant ist.»
Riesiges Know-how vorhanden
Eigene Schweizer Beobachtungssatelliten für Militär und Nachrichtendienst – theoretisch wäre das alles möglich. Schweizer Hochschulen sind führend in Weltraumtechnik, Schweizer Firmen stellten Hightech-Komponenten für die Raumfahrt her. Die Schweiz habe also das nötige Know-how, sagt Berufsmilitär Monnerat. Zudem werde es immer erschwinglicher, selber etwas in den Weltraum zu schicken.
Es gibt immer mehr Möglichkeiten, etwas klein und billig in den Weltraum zu schicken.
Zu früh für die «neue Dimension»
Über 50 Staaten unterhalten heute bereits ein Weltraum-Programm. Die Technologie ist da, die Preise sinken. Allerdings stehen bei der Armeespitze eigene Satelliten weit unten auf der Prioritätenliste. «Das ist vielleicht eine Möglichkeit in 20 bis 30 Jahren», sagt Rolf Siegenthaler, Divisionär und stellvertretender «Chef Operationen» der Armee.
Mit Satelliten alleine wäre es laut Siegenthaler noch nicht getan. Die wahren Kosten seien deutlich höher, denn es brauche Bodenstationen und Personal für die Steuerung und den Unterhalt der Satelliten: «Das ist wie eine neue Dimension und deshalb für die Schweiz zurzeit sicher kein Thema», sagt Siegenthaler und zieht den Vergleich zur Anschaffung einer neuen Luftwaffe.
Eine kleine Truppe
Von diesem aktuellen Standpunkt zeugt auch die überaus bescheidene Grösse der Weltraum-Zelle: Gerade einmal 100 Stellenprozente umfasst der professionelle Teil. Hinzu kommen rund 10 Milizoffiziere. Die meisten von ihnen sind hochspezialisierte Wissenschafter, die viermal im Jahr einrücken für eine Woche «Weltraum-Dienst».
Die Armee muss wissen, was über ihr passiert.
Anfang Sommer hatte das Westschweizer Radio und Fernsehen berichtet, dass mehrere Milizoffiziere der Zelle zuvor beim Waadtländer Startup «Swiss Space Systems S3» gearbeitet hatten. S3 wollte Satelliten bauen und ins All transportieren. Interessiert am S3-Angebot war vor drei Jahren auch die Armee. Ludovic Monnerat war zu jener Zeit nebenberuflich ebenfalls bei S3 angestellt. Heute sagt er: Die Kontakte zwischen dem Schweizer Weltall-Startup und der Armee seien nie konkret geworden.
In der Rolle des Beobachters – bis auf weiteres
Inzwischen ist S3 Konkurs gegangen und die Weltraum-Zelle der Armee wälzt keine konkreten Satelliten-Pläne. Stattdessen analysiert sie, was die anderen im Weltall tun: Wer welche Satelliten mit welcher Technologie im All stationiert hat und welche Satelliten die Schweiz zu welchen Uhrzeiten überfliegen.
Siegenthaler umreisst den Auftrag wie folgt: «Die Armee muss wissen, was über ihr passiert, damit sie sich danach richten kann. Wir müssen uns also wehren gegen die Möglichkeiten der anderen.» Wer sich unerkannt am Boden bewegen wollte, tue gut daran, dies in einer satellitenfreien Phase zu tun. Wer zudem die technischen Möglichkeiten der jeweiligen Satelliten kenne, könne sich entsprechend tarnen.
Die Armee tarnt sich also und versucht, sich der wachsenden Zahl an elektronischen Augen aus dem All zu entziehen. Eigene Satellitenpläne sind ihr im Moment zu abgehoben.