Ein jahrelanger Streit um den Wartungsauftrag von Helikoptern und Flugzeugen der Schweizer Luftwaffe schien eigentlich erledigt. Die Finanzkontrolle EFK stellte 2019 fest: Die Ruag verrechnete dem VBS zu viel für den Auftrag.
Doch heute kann die «Rundschau» erstmals Details aus dem vertraulichen Bericht dieser Prüfung veröffentlichen. Jetzt wird klar, dass die Ruag von 2013 bis 2017 mit der VBS-Flugwartung einen Bruttogewinn von über 300 Millionen erzielte – diesen aber mit diversen Kostenblöcken auf einen Ertrag von rund 90 Millionen gesenkt hat.
Dadurch wies die Ruag einen Gewinn von rund acht Prozent aus. Mehr Gewinn durfte die Ruag mit dem Monopolgeschäft nicht erwirtschaften.
Auch wenn laut EFK alles legal und vertragskonform ablief: Bis zu einem Drittel dieser Aufwände hätte gar nicht dem VBS zugeordnet werden sollen. Der grösste Block fällt dabei auf den Bereich «Marketing und Verkauf», wo bis zu gut 40 von 50 Millionen Franken «nicht verursachergerecht» dem VBS in Rechnung gestellt wurden.
Singapur, Australien oder Paris
Dazu gehören Kosten für internationale Flugshows in Singapur, Australien oder Paris. Aber auch Sponsoring von Veranstaltungen wie «Air 14» oder Organisationen wie das Militärflugzeugmuseum in Payerne. Die Ruag begründete dies mit der Möglichkeit der Kunden- und Lieferantenpflege.
Erstmals lässt sich nun auch die Querfinanzierung des Zivil-Flugzeuges Dornier 228 beziffern. Laut EFK hat der Bund mit seinem Wartungsauftrag indirekt mindestens 6.5 Millionen in das mutmasslich defizitäre Unterfangen bezahlt.
Der Bericht zeigt weiter, dass die Ruag dem Bund darüber hinaus nicht effektiv angefallene Kosten auswies, sondern theoretische Werte: «Das Margenreporting der Ruag an das VBS beruht auf kalkulatorischer Basis und zeigt (…) keine Nachkalkulation zu Ist-Werten.»
Bundesanwaltschaft stellt Verfahren ein
SVP-Nationalrat Pirmin Schwander und SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf fordern eine politische Aufarbeitung. Schwander sagt: «Ich erwarte, dass man jetzt alles nochmals anschaut. Wie konnte das passieren, wie wurde es gemacht? Und wie sind die Prozesse im Einzelnen verbessert worden.» Seiler Graf, in der Geschäftsprüfungskommission GPK zuständig für die Ruag, pflichtet bei: «Es braucht eine politische Auswertung und das wäre die Aufgabe der GPK.»
Derweil gibt die Bundesanwaltschaft BA auf Anfrage der «Rundschau» bekannt, dass sie ihre Untersuchung gegen Unbekannt im Fall Ruag eingestellt hat. Die BA bestätigt in der Einstellungsverfügung zwar, dass Kosten in Rechnung gestellt wurden, die das VBS nicht betreffen. Und ein ehemaliges Mitglied der Ruag-Geschäftsleitung gab der BA zu Protokoll, er schätze, dass in seinem Bereich die Kosten «um ca. 30 bis 40% tiefer waren, als der dem VBS in Rechnung gestellte Betrag».
Der zuständige Bundesanwalt Carlo Bulletti konnte aber keinen hinreichenden Tatverdacht für Betrug oder ungetreue Amtsführung feststellen. In der Verfügung steht: «Es ist davon auszugehen, dass der Eidgenossenschaft mithin kein Schaden entstanden ist.»