Juni 2021: Das Spital in Flawil SG wurde nach fast 130-jährigem Bestehen geschlossen. März 2022: Auch das Spital Wattwil machte zu. Der Kanton St. Gallen schloss in der nahen Vergangenheit gleich zwei regional wichtige Spitäler. Nur die Notfallzentren bleiben bestehen.
Bleiben noch Wil, Uznach, Walenstadt, Grabs und die Stadt St. Gallen als Grundversorgungsstandorte. Wegen der Schliessungen von Flawil und Wattwil platzen die Hausarztpraxen in der Region Wil aus allen Nähten. Viel mehr Patientinnen und Patienten kommen in die Notfallpraxis im Spital Wil.
Neubau erst 2023 bezugsbereit
Stefan Maydl ist Hausarzt in einer Gemeinschaftspraxis in Wil und Präsident des Ärztlichen Regionalvereins Wil, Uzwil, Flawil. Er sagt: «Seit die Spitäler zu sind, hat sich die Zahl der Patienten gefühlsmässig verdoppelt.» Man habe zwar mit einem Anstieg gerechnet, sei nun aber ob des Ausmasses überrascht. Die Folge: mehr Arbeit, längeres Arbeiten. «Es muss ja irgendwie gehen», sagt Maydl.
Im Spital Wil stieg die Anzahl Patientinnen und Patienten, die ein Bett benötigten, um 10 Prozent, sagt Barbara Anderegg, Mediensprecherin der Spitalregion Fürstenland-Toggenburg: «Die Infrastruktur in Wil stiess an seine Grenzen. Das war absehbar, dass die Patientenzahlen steigen würden.» Darum wird jetzt ein Ergänzungsbau errichtet, der im August 2023 bezogen werden soll. Weil aber Flawil und Wattwil jetzt schon zu sind, klafft eine Lücke. Büro-Räumlichkeiten wurden in Spitalzimmer umfunktioniert, so gab es 15 zusätzliche Betten. Aber es sind immer noch zu wenige.
Handfeste soziale Probleme durch Verlegungen
Die Schliessung hat weitreichendere Folgen für die Patientinnen und Patienten. Stefan Maydl erzählt: «Patienten aus Flawil mussten nach Uznach verlegt werden. So fehlen die Angehörigen, die den Patienten wegen des weiten Wegs nicht besuchen können. Das sind dann handfeste soziale Probleme, die entstehen können.» Weil man nicht die benötigte Anzahl Betten zur Verfügung stellen kann, seien auch mehr Verlegungen als üblich nötig, bestätigt auch Barbara Anderegg von der Spitalregion Fürstenland-Toggenburg.
Unter den Hausärztinnen und Hausärzten herrscht keine Wut, sondern Resignation.
Der Ergänzungsbau in Wil soll das in Zukunft verhindern. Doch: Es sind Einsprachen eingegangen, was die unschöne Situation mit weiten Verlegungen noch verlängern dürfte. Dann müssten das am Ende wieder die Hausärztinnen und Hausärzte ausbaden, sagt Stefan Maydl: «Die Stimmung ist gedrückt. Es herrscht keine Wut, kein Unverständnis. Es ist eher Resignation, weil sich auf lange Frist keine befriedigende Lösung abzeichnet.»