Zum Inhalt springen

Zu wenige Wohnungen Tun Sie genug gegen die Wohnungsnot, Herr Parmelin?

In der Schweiz hat es nicht nur zu wenige Wohnungen, auch die Mieten steigen. Bundesrat Guy Parmelin hat deshalb schon Anfang Jahr vor sozialen Spannungen gewarnt. Nun hat der Wirtschaftsminister beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die Massnahmen prüft, damit mehr gebaut werden kann. Im Interview begründet Parmelin sein Vorgehen.

Guy Parmelin

Bundesrat

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Guy Parmelin ist seit 2016 Bundesrat. Der SVP-Politiker wurde 2015 als Nachfolger der zurückgetretenen Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) in die Regierung gewählt. Seit 2019 ist Parmelin Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Er ist 1959 geboren und war bis zu seiner Wahl in den Bundesrat als Meisterlandwirt und -weinbauer tätig. 2003 wurde er für den Kanton Waadt in den Nationalrat gewählt.

SRF News: Reicht das gemächliche Tempo angesichts des grossen Problems Wohnungsnot?

Guy Parmelin: Eine einfache und schnelle Lösung gibt es nicht. So sprechen etwa viele Leute vom verdichteten Bauen – aber bei sich wollen sie das dann doch nicht. Wahrscheinlich gibt es auch nicht eine einzige Lösung für alle Regionen, Kantone und Städte. Das ist eine der Schwierigkeiten.

Runder Tisch mit allen Beteiligten

Box aufklappen Box zuklappen
Parmelin spricht in Mikrofone.
Legende: Keystone/Anthony Anex

Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat sich am Freitag mit Vertreterinnen und Vertretern von Kantonen, Städten, der Baubranche sowie von Mieter- und Hauseigentümerverbands an einen Tisch gesetzt und die möglichen Gründe für die Wohnungsnot analysiert. Ziel des Treffens war laut Angaben von Parmelins Departement WBF, sich einen Überblick über die Ursachen der Wohnungsknappheit zu verschaffen.

Ergebnis der Gespräche: Der Bund, die Kantone, die Gemeinden und die Städte werden nach dem «konstruktiven Treffen» – so Parmelin – in den nächsten Monaten eine gemeinsame Arbeitsgruppe einsetzen, um zu ermitteln, was auf gesetzlicher und regulatorischer Ebene geändert werden kann. Ziel sei es, einen Aktionsplan zu erstellen und letztendlich das Bauen zu flexibilisieren. Auch seien Gesetzesänderungen nötig, und das dauere manchmal mehrere Jahre.

Von Städte-Vertreterinnen und -Vertretern hiess es, Partikularinteressen würden teils höher gewichtet als das Gemeinwohl. Da sei eine Güterabwägung nötig zwischen den verschiedenen Interessen. Man müsse Verdichtung mit bezahlbarem Wohnraum und Lebensqualität vereinbaren können. Wichtig sei auch Rechtsstabilität. Genannt wurde etwa ein Vorkaufsrecht für Städte und Gemeinden für Liegenschaften und Grundstücke des Bundes oder der Kantone als mögliche Lösung, um gemeinnützigen und günstigen Wohnungsbau zu ermöglichen. (sda)

Beim Bund haben Sie den Lead, etwa bei den Lärmvorschriften. Muss man diese lockern?

In Zürich sind beispielsweise 2000 Wohnungen wegen eines Bundesgerichtsurteils zum Lärmschutz blockiert. Wir müssen jetzt schauen, diese Vorschriften zu flexibilisieren. Deshalb müssen alle zusammenarbeiten: Bund, Kantone und Städte.

Die Situation in Städten, in Tourismusregionen oder auf dem Land ist völlig unterschiedlich.

Wie steht es um die Förderung günstiger Wohnungen – dass bei neuen Überbauungen beispielsweise eine gewisse Quote günstiger Wohnungen erstellt werden muss?

Das ist für uns kein Tabu, auch das wurde heute diskutiert. Dabei zeigte sich: Jene Städte, die für stärkere staatliche Eingriffe sind, sind auch sehr pragmatisch. Sie sehen, dass die Situation in Städten, in Tourismusregionen oder auf dem Land völlig verschieden ist.

Wie stark ist Ihr politischer Wille, tatsächlich etwas zu tun?

Er ist durchaus vorhanden. Doch ich kann bloss Anträge deponieren – aber wenn das solche sind, die von vorneherein politisch chancenlos sind, bringt das nichts.

Die Wohnungsmieten steigen in den nächsten Jahren wohl um bis zu zehn Prozent. Kann man das den Leuten zumuten – oder muss man auch darüber diskutieren, wie hoch die Renditen der Vermieter sein dürfen?

Ich habe versucht, auch zum Mietrecht einen runden Tisch zu machen – doch die Situation ist politisch völlig blockiert. Da nützt auch ein runder Tisch nichts, wenn die Leute nicht zusammenarbeiten wollen.

Sie bringen also keine Vorschläge ein, um die Renditen zu begrenzen, damit die Mieten nicht allzu sehr steigen?

Das wichtigste ist jetzt, mehr Wohnungen auf den Markt zu bringen. Sobald dies der Fall ist, steigen die Preise und die Mieten nicht mehr.

Sobald mehr Wohnungen auf dem Markt sind, steigen auch die Preise und die Mieten nicht mehr.

Die Zuwanderung führt dazu, dass jedes Jahr mehrere Zehntausend neue Wohnungen nötig sind. Ihre Partei, die SVP, will deshalb bei der Einwanderung ansetzen.

Die Migration ist tatsächlich ein wichtiger Teil des Problems. Doch man muss auch wissen, was man will: Viele sagen, wir brauchen Spezialisten aus dem Ausland für die Wirtschaft und den Wohlstand. Wenn man eine solche Politik will, muss man Lösungen finden. Wenn wir das nicht wollen, löst das vielleicht gewisse Schwierigkeiten. Doch dann haben wir andere Probleme.

Das Gespräch führte Dominik Meier.

Echo der Zeit, 12.5.2023, 18:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel