- Ein Lobbyist pro Parlamentarier ist genug. Das findet die zuständige Kommission des Ständerates.
- Mit den neuen Regeln bekämen künftig weniger Interessenvertreter Zutritt zum Bundeshaus.
- Zudem müsste jeder Lobbyist offenlegen, für welche Firma oder welchen Verband er lobbyiert.
- Das stösst bei der PR-Branche und bei allen politischen Parteien auf Ablehnung.
Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK) eckt überall an mit ihren Vorschlägen zur Regelung des Zutritts für Lobbyisten zum Bundeshaus. Die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft (SPAG) und auch Transparency International lehnen die Kommissionsvorlage als untauglich ab.
Heute darf jedes Ratsmitglied zwei Personen Zutrittsausweise zustellen. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Ständerates möchte nun mit ihrem Entwurf pro Ratsmitglied noch einen ständigen Zutrittsausweis zulassen. «Wir brauchen mehr Transparenz darüber, wer Zutritt hat zum Parlament», sagt SPK-Präsidentin Pascale Bruderer (SP/AG). Ihr Ziel ist es, die Zahl der Lobbyisten unter der Bundeskuppel zu verkleinern.
Lobbyisten müssten sich zudem in ein öffentlich einsehbares Register eintragen und offenlegen, was ihr Auftrag ist und wer diesen erteilt hat. Jedes Ratsmitglied dürfte zusätzlich Tagesgäste empfangen. Damit diese Gäste die Zutrittsregeln nicht umgehen, müssten die Parlamentarier sie den ganzen Tag begleiten.
«Chance verpasst»
«Demokratiefeindlich» und «ungenügend» nennt die SPAG die Vorlage und verweist auf ihre Selbstregulierung. Transparency International Schweiz spricht von einer verpassten Chance, das Lobbying wirkungsvollen Transparenz- und Verhaltensregeln zu unterstellen.
Der Vorschlag der SPK-Mehrheit entspreche nicht der parlamentarischen Initiative von Didier Berberat (SP/NE), die der Vorlage zu Grunde liege, moniert die SPAG. Könnten die Ratsmitglieder im «Götti-System» neu noch einen Zutrittsausweis vergeben, würden Lobbyisten und Lobbyistinnen ungleich behandelt, bemängelt SPAG-Präsident Stefan Kilchenmann.
Die SPAG fordert, die Vorlage aufzugeben zugunsten eines alternativen Transparenz- und Zutrittssystems. Die SPK habe ihr Angebot, das Selbstregulierungsmodell und eigene Vorschläge vorzustellen, abgelehnt.
Mit dem «Götti-System» nicht einverstanden ist auch Transparency International Schweiz. «Die oft willkürlich anmutende Vergabe» dieser Badges sei nicht transparent und gewähre weder gleiche Chancen noch Rechtssicherheit, schreibt sie. Sie befürchtet «kritische Abhängigkeitenۛ».
Parlament solle auch Sanktionen verhängen
Transparency wünscht sich für die Badge-Vergabe ein Parlamentsgremium. Dieses soll ein Register führen, die Angaben auf Korrektheit überprüfen und gegebenenfalls auch Sanktionen verhängen. Einziger positiver Punkt für Transparency ist die Pflicht für Lobbyisten, genauere Angaben zu Mandaten und Auftraggebern zu machen.
Ähnlich klingt es bei Lobbywatch, einem privaten Verein, der volle Transparenz fordert. Ein Akkreditierungssystem sei dafür besser geeignet als ein überarbeitetes «Götti-System», sagt Lobbywatch-Präsident Thomas Angeli.
SVP und FDP wollen das heutige System beibehalten
Im Parlament dürfte es die Vorlage schwer haben: SVP und FDP lehnen die Vorlage rundweg ab. Sie wollen am Zutrittssystem nichts ändern. Die Regelung mit zwei Badges pro Ratsmitglied sei restriktiv genug, schreibt die SVP. Von 492 möglichen seien 340 Badges vergeben.
Auch die FDP will die Vergabe der Badges in der Verantwortung der Ratsmitglieder belassen. Lobbying geschehe ohnehin häufig ausserhalb des Bundeshauses, schreibt sie. Sie ist allerdings einverstanden damit, dass Agenturlobbyisten nicht nur ihre Arbeitgeber im Register offenlegen müssen, sondern auch die Mandate.
Die CVP fragt sich, ob der Vorschlag einen Mehrwert gegenüber dem aktuellen System bringt. Lobbying müsse im Milizsystem einen Platz haben. Die geltenden Regeln hätten sich bewährt und seien unbürokratisch.
Linke Parteien sind für Akkreditierungssystem
SP und Grüne wünschen sich wie Transparency ein von den einzelnen Ratsmitgliedern unabhängiges Akkreditierungssystem. Ein Akkreditierungsorgan will auch die Minderheit der SPK, zumindest für Vertreter kommerzieller Interessen. Eine solche Ungleichbehandlung der Lobbyisten stört die SP und auch die SPAG.
Die Mehrheit der SPK dagegen lehnt ein Akkreditierungsorgan ab. Es gebe keine tauglichen Kriterien für die Gewährung oder Verweigerung des Zutritts, findet sie. Würden alle zugelassen, die Daten für die Akkreditierung liefern, befürchtet die Mehrheit, dass zu viele Personen Zutritt zum Parlamentsgebäude erhalten.