Ein Hauch «Italianità» ist in vielen Schweizer Städten angekommen, seit sich Restaurants auf Trottoirs und Plätzen ausbreiten dürfen. Wo früher Stühle und Tische verboten waren, sitzen heute Gäste und trinken Wein oder Café.
In vielen Schweizer Städten durften Bars, Restaurants und Cafés ihre Aussenflächen im letzten Jahr wegen der Pandemie vergrössern. Zürcher Restaurants können derzeit dreissig Prozent mehr Plätze draussen bereitstellen. Doch für die Wirtinnen und Wirten gibt es ein Problem.
Tausende unterstützen Wunsch der Gastronomen
Die Erleichterungen für Bars, Cafés und Restaurant sollen per Ende Oktober wegfallen. Deshalb kämpfen die Zürcher Wirtinnen und Wirte mit einer Petition dafür, dass die grosszügige Bestuhlung bleibt. Der Zuspruch ist gross – über 18'000 Personen haben seit Juli die Petition unterschrieben. Zum Vergleich: Eine Volksinitiative benötigt in Zürich 3000 Unterschriften.
Die Gastronominnen und Gastronomen nutzen so die Gunst der Stunde für ein altes Anliegen: Viele Betriebe hätten sich schon vor der Pandemie weniger Begrenzungen gewünscht, sagt Urs Pfäffli, Präsident von Gastro Zürich-City. Diese Forderungen seien von der Stadt Zürich mit Verweis auf bestehende Regeln aber stets abgelehnt worden. «Nun haben wir gemerkt, dass solche Öffnungen problemlos möglich sind», sagt Urs Pfäffli.
«Unbedingt» an neu gewonnen Freiheiten festhalten
Auch in anderen Städten möchten Gastrobetriebe den neu gewonnen Platz beibehalten. «Unbedingt», heisst es etwa bei «Gastro Stadt Luzern». Die Stadtbehörden zeigen sich dem Anliegen gegenüber offen. «Wir suchen derzeit Mittel und Wege, die Flächenerweiterungen auch im nächsten Jahr zu ermöglichen», sagt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen der Stadt Luzern.
Noch weiter gehen die Stadtberner Behörden. So kündigt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause an: «Wir machen uns derzeit Gedanken, wie wir das jetzige Regime in ein definitives überführen können.» Die Aussenbestuhlung sei jedoch nicht nur Sache der Gemeinde. Deshalb gibt Nause zu bedenken: «Es ist möglich, dass uns eine höhere Instanz – sprich der Kanton oder der Regierungsstatthalter – zurückpfeifen wird.»
Lärm ist ein Knackpunkt
Auch in Zürich verweisen die Stadtbehörden auf höheres Recht. Für dauerhaft grössere Aussenbereiche brauche es eine Baubewilligung, sagt Urs Spinner vom Zürcher Hochbaudepartement: «Der grösste Knackpunkt ist dabei Lärm, welcher auch die Anwohnerschaft betrifft», sagt Spinner. Weil die Vorschriften diesbezüglich vom Bund stammten, seien dem Stadtrat die Hände gebunden. Doch Lockerungen seien möglich.
Bereits heute freuen sich nicht alle über die Ausbreitung der Restaurants. Einzelne Zürcher Quartiervereine kritisieren, die zusätzlichen Bestuhlungen schränkten den Freiraum von Anwohnerinnen und Anwohnern ein. «Eine lebhafte Stadt gefällt uns zwar», sagt Felix Stocker, Präsident der Gruppe Innenstadt als Wohnquartier. «Aber man kann nicht den ganzen öffentlichen Raum kommerzialisieren und für Verkaufsaktivitäten freigeben.»
Wie die Stadt Zürich die Bedürfnisse von Gastronomen und Anwohnerinnen vereinbaren möchte, ist derzeit offen. Die Zeit läuft: Ende Oktober fallen die Erleichterungen für Gastrobetriebe weg.