Gegen die geschlossene Linke kann man keine Rentenreform an der Urne gewinnen: Was wie eine Ankündigung der Gewerkschaften klingt, sagt kein anderer als Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt. Seine Befürchtung: Der Nationalrat zimmert zurzeit eine Reform der zweiten Säule, die bei der Stimmbevölkerung wieder durchfallen könnte.
Grosszügige Rentenzuschüsse waren geplant
Vor zwei Jahren präsentierten Gewerkschaften und Arbeitgeber zusammen eine Lösung zur Reform der zweiten Säule. Die Rede war von einem historischen Kompromiss. Die Gewerkschaften willigten ein, den Umwandlungssatz zu senken. Die daraus resultierenden tieferen Renten sollten mit recht grosszügigen Zuschlägen für alle Neurentnerinnen und -rentner abgefedert werden.
Der Bundesrat übernahm diesen Kompromiss ohne Änderungen. Doch aus der Wirtschaft hagelte es Kritik: zu viel Umverteilung! Es dürfe nicht sein, dass die zweite Säule zu einer «Mini-AHV» werde. Tatsächlich würde mit dem Kompromiss der Sozialpartner eine Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern und von besser zu schlechter Verdienenden fix installiert.
Bürgerliche wollen weniger Umverteilung
Schon nach der heutigen Eintretensdebatte im Nationalrat zeichnet sich ab, dass eine bürgerliche Mehrheit des Rats diese Umverteilung in Milliardenhöhe nicht will. Das entspräche einfach nicht dem Konzept der zweiten Säule, wurde argumentiert. Und Rentenzuschläge sollten nicht mit der «Giesskanne» ausgeschüttet werden. Die bürgerliche Mehrheit will wohl nur für die ersten betroffenen 15 Jahrgänge einen Ausgleich bezahlen. So schlägt es die vorbehandelnde Kommission vor, und dieser Linie dürften Mitte, FDP und SVP folgen.
Das Problem: Viele künftige Rentnerinnen und Rentner werden mit dieser «bürgerlichen Variante» der Reform eine Kürzung in der zweiten Säule hinnehmen müssen. Ob eine solche Variante bei der Stimmbevölkerung auf Akzeptanz stösst, muss nach den Erfahrungen bei vergangenen Abstimmungen bezweifelt werden.
Linke nimmt Scheitern in Kauf
Die Gewerkschaften drohen bereits mit dem Referendum. Überhaupt haben sie kein Problem damit, wenn die ganze Reform scheitert. Denn dass sie beim ursprünglichen Sozialpartnerkompromiss einwilligten, den Umwandlungssatz zu senken, brachte den Gewerkschaften viel Kritik aus den eigenen Reihen ein.
Der Ständerat wird wohl nicht umhinkommen, etwas grosszügigere Rentenzuschläge einzubauen, wenn diese Reform die Prüfung an der Urne bestehen soll.