Das Fangverbot: Am Bodensee wird das Fischen von Felchen ab 2024 für drei Jahre eingestellt. Diese Schonzeit gehört zu einem Massnahmenpaket, auf das sich die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) in Ittingen/TG geeinigt hat. Damit sei «ein Notnagel eingeschlagen worden», hiess es von der Thurgauer Jagd- und Fischereiverwaltung. Mit der Schonzeit erhofft man sich eine Erholung der Bestände. Verschiedene Massnahmen der letzten Jahre hatten keine messbaren Erfolge erzielt – so waren etwa junge Fische in Fischbrutanlagen herangezüchtet und im See ausgesetzt worden.
Wir leben jetzt von anderen Fischen als den Felchen.
Der Rückgang: Die 64 Bodensee-Berufsfischerinnen und -Fischer in Deutschland und in der Schweiz fingen im letzten Jahr gerade noch 21 Tonnen Felchen. Das ist ein Einbruch um über 80 Prozent gegenüber 2021, als noch 107 Tonnen gefangen worden waren. Vor 20 Jahren waren noch mehr als 500 Tonnen gefangen worden. Der IBKF hat deshalb unter Einbezug der Fischerinnen und Fischer eine Reihe von Massnahmen beschlossen, um die Felchen zu schonen und eine nachhaltige Fischerei zu erhalten. Zentraler Punkt ist das erwähnte Fischfangmoratorium.
Mögliche Ursachen: Die Gründe für den starken Rückgang der Felchen ortet die IBKF in der Ausbreitung von gebietsfremden Arten wie den Stichlingen, der massiven Ausbreitung der gefrässigen Quagga Muschel sowie beim Klimawandel. Eine Überfischung der Felchenbestände schliesst Reto Leuch, Präsident der Berufsfischer Schweiz und selber Fischer am Bodensee, aus. «Wir betreiben eine sehr nachhaltige Fischerei und fischen gezielt auf fünf bis sechsjährige Felchen, die alle schon zweimal abgelaicht haben», betont er. Die gezielte Fischerei wird durch entsprechende Maschenweiten der Fischernetze gesteuert.
Mögliche weitere Massnahmen: Mit dem Fangmoratorium werde bloss der kleinste Faktor rausgenommen, der für die sinkenden Felchenbestände verantwortlich sei, sagt Berufsfischer Leuch. Doch gegen die Quagga Muschel könne man nichts machen. «Kurzfristig kann man bloss gegen den Kormoran und gegen den Stichling etwas tun», so Leuch. Es müsse jetzt schnell gehandelt werden, betont er. Noch sei unklar, wie man die kleinen Stichlinge rausholen könne – doch das sei quasi ein letzter Strohhalm, an dem sich die Berufsfischer klammerten. Übrig bleibe ausserdem, sich vermehrt auf andere Fischarten wie Egli oder Rotaugen zu konzentrieren, so Leuch. «Denn wir haben durchaus noch Fische im Bodensee!»
Kurzfristig kann man bloss gegen den Kormoran und gegen den Stichling etwas tun – gegen die Quagga Muschel nicht.
Die Folgen: Für die Berufsfischerei bedeutet die dreijährige Schonzeit starke wirtschaftliche Einbussen. Weil die Erträge bei den Felchen aber schon seit Jahren stark zurückgehen, macht der frühere «Brotfisch» der Berufsfischerinnen und -fischer nur mehr ein kleiner Anteil der gefangenen und verarbeiteten Fischarten aus. «Wir leben jetzt von anderen Fischen als den Felchen», sagt Leuch. Aber klar: Die Situation der Berufsfischerei am Bodensee ist schwierig. Inzwischen brauchen die meisten Berufsfischerinnen und -fischer ein zweites Standbein, vom Fischfang allein kann kaum mehr jemand leben.