Endlich, so scheint es, hat die Schweiz eine Lösung für ihren grossen Streit mit der EU bei der Zuwanderung gefunden. Eine Lösung, welche die Zuwanderungsinitiative umsetzen und gleichzeitig die Personenfreizügigkeit mit der EU nicht verletzen würde. Das Zauberwort heisst «Genfer Modell».
Genf praktiziert Inländer-Vorrang
Das angebliche Ei des Kolumbus sieht folgendermassen aus: Im Kanton Genf ist immer zuerst das Arbeitsamt an der Reihe, wenn eine Stelle frei wird bei der Kantonsverwaltung, der Universität, dem Spital oder bei Firmen, die Geld vom Staat erhalten. Das Amt schlägt arbeitslose Kandidaten vor, die dann das Recht auf ein Bewerbungsgespräch haben.
Werden die Kandidaten abgelehnt, muss der Arbeitgeber begründen, warum er sie nicht will. Und falls ein ausländischer Bewerber statt ein einheimischer Arbeitsloser den Job bekommt, kann der Kanton Nein sagen. Dieser Vorrang für Inländer könnte bald in der ganzen Schweiz gelten.
EU hat in Genf bereits Vorbehalte angemeldet
Sogar Christoph Blocher, Vordenker der SVP, deutet leise ein Ja an zum Genfer Modell. Die anderen Parteien sind davon ohnehin angetan, von Mitte bis links. So angetan, dass die zuständigen Nationalräte in den nächsten Tagen darüber diskutieren werden. Das Modell wird hoch gehandelt als Antwort auf die Frage, wie die Schweiz beides haben kann: weniger Einwanderer und Verträge mit der EU.
Das Problem: Die Europäische Union hat bereits Vorbehalte angemeldet. Der Kanton Genf verstosse gegen die Personenfreizügigkeit, heisst es bei der Vertretung der EU in Bern schon seit längerem. Gemäss den Verträgen Schweiz-EU dürfe die Schweiz nicht inländische Arbeitslose gegenüber ausländischen bevorzugen.
Hat sich Genf der EU bereits gebeugt?
Seit Jahren schon ist das Genfer Modell Thema im gemischten Ausschuss Schweiz-EU, einem Gremium, in dem Streitpunkte besprochen werden. Gut informierte Quellen sagen, Genf habe sich den Wünschen der EU zwar ein Stück weit gebeugt, zufrieden sei die EU aber nicht. Das Thema sei noch auf der Traktandenliste.
Damit ist zumindest fraglich, ob ausgerechnet das Genfer Modell das Ei des Kolumbus für die ganze Schweiz ist.