Hunderttausende Uigurinnen und Uiguren müssen auf Baumwollfeldern Zwangsarbeit verrichten – sagt der viel beachtete Bericht der US-Denkfabrik Center for Global Policy.
Die USA haben inzwischen ein Importverbot von Baumwolle aus Xinjiang eingeführt. Mehrere grosse Modelabels haben sich von betroffenen Lieferanten in Xinjiang distanziert. H&M etwa will auf Baumwolle aus der Region ganz verzichten. Was nicht so einfach sein dürfte: Immerhin stammen rund 20 Prozent der weltweiten Baumwolle aus Xinjiang.
Firmen auf Sanktionsliste der USA
Der Winterthurer Textilmaschinenhersteller Rieter dagegen ist weiterhin in Xinjiang tätig und wirbt auf seiner Webseite sogar mit seinen Kunden dort: die Textilunternehmen Changji Esquel und Aksu Huafu. Beides Unternehmen, die von den USA mit Sanktionen belegt wurden.
«Auf keinen Fall sollten ausländische Firmen mit solchen Herstellern in Xinjiang zusammenarbeiten», sagt Johnson Yeung von der Clean Clothes Campaign, die sich für die Rechte von Arbeitnehmenden in der Textilindustrie einsetzt.
Changji Esquel pflegt auch Beziehungen zu Uster Technologies, spezialisiert auf Messinstrumente – Uster hat Changji mit seinem Qualitätszertifikat ausgezeichnet. Fragen von SRF zur Tätigkeit in Xinjiang will Uster Technologies nicht beantworten. Rieter antwortet immerhin mit einem Statement, und schreibt, man lehne Zwangsarbeit ab und treffe derzeit eigene Abklärungen mit den Kunden.
«Unabhängige Untersuchungen nicht möglich»
Ist eine unabhängige Untersuchung überhaupt möglich? Nein, sagt Johnson Yeung, deshalb seien die grossen Audit-Firmen auch nicht mehr in Xinjiang tätig. Auch Maya Wang, China-Spezialistin von Human Rights Watch, ist skeptisch. Für die Region Xinjiang seien unabhängige Untersuchungen noch schwieriger als im restlichen China, weil die Menschen in Xinjiang noch stärker überwacht würden.
Die Textilfirmen Huafu und Esquel weisen den Vorwurf der Zwangsarbeit zurück. Nur: Bis im Frühling 2020 war etwa Esquel eng mit dem Produktions- und Aufbaukorps XPCC verbunden. Die XPCC sei in Xinjiang eine Art Staat im Staat, erklärt James Millward, Xinjiang-Experte an der Georgetown University in Washington. Eine paramilitärische Organisation, die neben der Landwirtschaft auch in vielen weiteren Branchen vertreten sei und sogar Internierungslager betreibe.
Saurer mit eigenem Betrieb in Xinjiang
Selbst in Xinjiang vertreten ist das Schweizer Unternehmen Saurer. Saurer betreibt in Urumqi – der Hauptstadt Xinjiangs – einen Betrieb zur Montage von Spinnmaschinen, und bietet dort laut eigenen Angaben über 450 Arbeitsplätze.
Man möchte betonen, dass die Saurer Gruppe von internationalen Führungskräften geführt werde, schreibt Saurer auf Anfrage von SRF. Das Unternehmen beteilige sich nicht an der lokalen Politik. Von den Vorwürfen an die chinesischen Behörden habe man aus der Presse erfahren.
Wie weit geht die Verantwortung von ausländischen Unternehmen in Xinjiang? Es sei unmöglich, in Xinjiang Geschäfte zu machen, ohne auf die eine oder andere Weise mit einem System in Kontakt zu geraten, das für Masseninternierungen, Zwangsarbeit und ein Überwachungsregime verantwortlich sei, sagt James Millard. Denn: Die offizielle Seite sei am System beteiligt, die Behörden in Xinjiang sozusagen in Komplizenschaft. Und ohne Kontakt zu den Behörden könne in Xinjiang niemand Geschäfte tätigen.