Nur rund drei Wochen brauchten die Gegnerinnen und Gegner des Covid-19-Gesetzes, um nach eigenen Angaben rekordhafte 187'500 Unterschriften zusammenzukriegen – fast viermal so viel wie nötig.
Von laustarken Trychlern begleitet haben die Komitees heute die Unterschriftenbögen in Bern abgegeben. Darunter ein Verein mit dem Namen «Freunde der Verfassung», das Aktionsbündnis Urkantone und das Netzwerk Impfentscheid, mit Unterstützung der Jungen SVP und der Aktion Mass-Voll.
Das erste Referendum richtete sich gegen das Covid-Gesetz, das im letzten September beschlossen worden war. Über 60 Prozent der Stimmberechtigen stellten sich am 13. Juni hinter den Bundesrat und die grosse Mehrheit von Parlament und Wirtschaftsverbänden.
Gegen «Carte Blanche» für die Regierung
Das zweite Referendum bekämpft nun das Gesetz auf dem Stand vom März. Im Visier haben die Gegnerinnen und Gegner Änderungen, die das Parlament in der Frühlingssession beschlossen hat - unter anderem einen Artikel, der Kompetenzen des Bundesrats regelt. Der Passus besagt, dass der Bundesrat die Kriterien für Einschränkungen und Lockerungen festlegt.
Daran stören sich die Gegenkomitees: Denn der Bundesrat habe in der besonderen Lage bereits viel Macht, sagt Marion Russek vom Verein «Freunde der Verfassung»: «Wir geben dem Bundesrat quasi eine Carte blanche, die er anwenden kann, ohne das Parlament zu involvieren.»
«Zweiklassengesellschaft» befürchtet
Die Gegenkomitees bekämpfen auch das Covid-Zertifikat für Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete. Das sei eine Diskriminierung von Ungeimpften und führe zu einer Zweiklassengesellschaft, so Russek: «Ich habe doch rein vom Geburtsrecht und meiner Existenz her Grundrechte in diesem Land. Die werden mit diesem Zertifikat arg eingeschränkt.»
Ich habe doch rein vom Geburtsrecht und meiner Existenz her Grundrechte in diesem Land. Die werden mit diesem Zertifikat arg eingeschränkt.
Klarer Widerspruch
Das Gegenteil sei der Fall, denn jetzt seien alle eingeschränkt in ihren Freiheiten, erwidert FDP-Nationalrätin Regine Sauter, die den Antrag für eine gesetzliche Grundlage zum Covid-Zertifikat im Parlament einbrachte: «Dieses Zertifikat gibt uns einen Teil unserer Freiheiten zurück, insbesondere bei Reisen. Aber auch, indem wir wieder Clubs und Grossveranstaltungen besuchen können. Wir wollen ja alle unsere Freiheiten wieder und zurück zum normalen Leben.»
Dieses Zertifikat gibt uns einen Teil unserer Freiheiten zurück.
Nichts abgewinnen kann sie auch dem Argument, der Bundesrat regiere mit einer Carte blanche. Schliesslich habe der Bundesrat betroffene Kreise in seine Entscheide immer einbezogen: «Die Wirtschaft jedes Mal angefragt. Die Kantone werden angefragt. Es ist ja nicht so, dass das der Bundesrat etwas im stillen Kämmerlein entscheidet.»
Die zweite Auflage der Abstimmung zum Covid-Gesetz findet ab 28. November 2021 statt.