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«Alles akzeptieren» – die Cookiefalle: Folge 1/4
Aus News Plus Hintergründe vom 07.10.2024. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 30 Minuten 42 Sekunden.

Cookie-Banner und Datenschutz Personalisierte Werbung und Tracking: Vom Gral zur Qual?

Und täglich grüsst das Cookiemonster, wenn wir den Button «Alles akzeptieren» drücken. Dadurch geben wir unsere Daten für Werbefirmen frei. Doch nun zweifelt die Branche selbst daran, ob das exzessive Datensammeln noch verhältnismässig ist.

Wir tun es fast alle täglich: Wir drücken auf «Alles akzeptieren» bei den Cookie-Bannern, die uns auf Webseiten und Apps begegnen. Vereinfacht erklärt, geben wir so unser Einverständnis dazu, dass Hunderte von Firmen unsere Daten für Werbung nutzen können. Diese Firmen können unser Surfverhalten analysieren und Profile anlegen, um uns dadurch individuell zugeschnittene Werbeanzeigen zu schalten. 

Lange Zeit galt personalisierte Werbung über sogenanntes Programmatic Advertising als eine Art heiliger Gral der Werbebranche. Doch in den letzten Jahren häufte sich die Kritik. So zeigten SRF-Recherchen, dass das Datensammeln durch Werbefirmen extreme Ausmasse angenommen hat.

Dashboard mit Statistiken und Desktop-Symbolen
Legende: Unübersichtliches Datentracking An den Cookie-Bannern auf Webseiten hängen teils bis zu 850 sogenannte Partnerfirmen dran, mit denen die Seiten unsere Daten teilen dürfen. shutterstock_dee karen 2515855325

Doch in der Branche gibt es nun – zumindest teilweise – ein Umdenken.

Neuer Umgang mit Datenschutz gefordert

Martin Radelfinger ist als Präsident von IAB Schweiz, dem Schweizer Ableger des Internationalen Branchenverbands, ein wichtiges Sprachrohr der Branche. Der Verband vertritt die Interessen des Online-Marketing-Markts.

Radelfinger gibt im SRF-Podcast «Die Cookiefalle» zu, dass die Komplexität mittlerweile enorm sei: «Selbst ich als Profi komme an die Grenze dessen, was ich technisch verstehe.»

Das wahllose Sammeln von Daten ist nicht mehr zeitgemäss.
Autor: Martin Radelfinger Präsident IAB Schweiz

Vor 25 bis 30 Jahren habe man sich die Frage der Verhältnismässigkeit noch nicht gestellt. «Heute ist ein anderer Umgang mit Privacy angesagt – das wahllose Sammeln von Daten ist nicht mehr zeitgemäss», so Radelfinger selbstkritisch. «Wir sind mit diesem System überbordet.» Dass die Werbeindustrie täglich Milliarden von Nutzerdaten sammle, sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. 

Datenverkauf an Kriminelle

Ein weiteres Problem beim Tracking zu Werbezwecken: Die Partner werden kaum überprüft. Mittlerweile ist es unmöglich, zu kontrollieren, was mit den teils sehr sensiblen Daten geschieht. Niemand hat die Übersicht, wer die Partnerfirmen von Cookie-Bannern sind und ob sie sich an die Regeln halten. So wird etwa ein Teil der Daten auf Schattenmärkten verkauft. 

Auch ob die Informationen, die wir freigeben, wirklich nur für Werbezwecke genutzt werden, wird in der Cybersecurity-Fachwelt heute angezweifelt. Es gibt Datenhandelsfirmen, die in der Vergangenheit hohe Bussen bezahlen mussten, weil sie massenhaft Daten wissentlich an Scammer und Betrügerinnen verkauft haben. Ein Beispiel dafür ist der Fall Epsilon: Die besagte Datenhandelsfirma hat über Jahre hinweg sensible Daten an Kriminelle weitergegeben.

Der Betrugsfall Epsilon

Box aufklappen Box zuklappen

Epsilon ist eine der grössten Datenhandelsfirmen der USA. Das Unternehmen sammelt seit vielen Jahren Daten zum Online-Surfverhalten von Amerikanerinnen und Amerikanern, sowie zu deren Namen und Adressen.

Mitarbeitende haben während fast zehn Jahren besonders sensible Daten, zum Beispiel von vulnerablen Pensionärinnen und Pensionären, wissentlich an Scammer und Internet-Betrügerinnen verkauft.

Mindestens 200’000 US-amerikanische Bürgerinnen und Bürger sind daraufhin auf Betrugsmaschen hereingefallen und verloren zig Millionen Dollar.

Es kam zum Prozess: Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass Epsilon und die verantwortlichen Mitarbeitenden zu Bussen in der Höhe von 150 Millionen Dollar verurteilt wurden.

IAB-Präsident Martin Radelfinger ist überzeugt: «Konsumentinnen und Konsumenten müssen besser informiert werden und an der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Weitergabe von Daten teilnehmen. Auch die Behörden müssen an Bord sein.» 

Die Frage, ob Cookie-Banner überhaupt noch eine Zukunft haben, beantwortet Radelfinger klar mit Ja: «Im Moment ist es die wirksamste, wenn auch nervige Art zu gewährleisten, dass eine aktive Zustimmung überhaupt stattfindet.» 

SRF 4 News, 7.10.24, 03:05 Uhr

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