Städtebauliche Zeitreise - Thuner Selve-Areal: Industrie, Anarchie – und jetzt neue Ordnung
Die Stadt Thun hatte das Privileg, auf dem ehemaligen Selve-Industrieareal ein neues Stadtquartier zu bauen. Der Werdegang des grossen Areals ist absolut abenteuerlich. Im neuen Quartier ist davon wenig zu merken. Ist es kalt oder cool? Die Meinungen gehen auseinander.
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Das Hochhaus des Selve-Parks, rechts das denkmalgeschützte sogenannte Wohlfahrtsgebäude der Selve-Buntmetallwerke.
Christian Strübin/SRF
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Selve-Areal von Westen her gesehen: Architektur der 2000er-Jahre, letzte Zeugen der industriellen Vergangenheit, im Hintergrund die Stadtkirche Thun mit ihrem Turm auf dem Schlossberg.
Christian Strübin/SRF
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Ein Stück Geschichte in einem neuen Quartier: Das Selveareal an der Aare in Thun. links alte Halle 6, in der Mitte und rechts das neue Verwaltungszentrum des Kantons und das Hochhaus mit Wohnungen.
Christian Strübin/SRF
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Ein scharfer Beobachter durch die Jahrzehnte: Der Thuner Fotograf und Buchautor Christian Helmle.
Rechts das neue kantonale Verwaltungszentrum, im Hintergrund die historische Selve-Halle 6.
Christian Strübin/SRF
Fast 40 Jahre lang hat das Selve-Areal am Rand der Stadt Thun alle und alles auf Trab gehalten. Behörden, Planer und Architekten genau so wie Spekulanten, Investoren und die Justiz.
Je älter ich werde, umso mehr wird mir bewusst, dass ich als Fotograf auch ein Geschichte-Schreiber bin.
Das Ende des traditionsreichen Selve-Buntmetallwerks im August 1993 war ein Alptraum für die Stadt und es war verknüpft mit dem spektakulären Absturz des Financiers Werner K. Rey.
Dann wurde aus der Industriebrache bis Ende 2007 eine wilde, heisse, anarchische Partymeile, die Thun im ganzen Land bekannt machte und der Feuerwehr schlaflose Nächte bereitete. Eine einmalige Zeit, aber nicht für die Ewigkeit gebaut.
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Die Scheibenstrasse im Thuner Selveareal: So sah das Industrieareal im Jahr 1985 aus.
Christian Helmle Thun
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Sogenannter Stangenzug in der Selve-Halle 6 im Jahr 1989: Familien arbeiteten über Generationen hier.
Christian Helmle Thun
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Heisse Köpfe und schwarze Überkleider: Die Giesserei im Jahr 1989 in den alten Selve-Buntmetallwerken.
Christian Helmle Thun
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Ungeheuerlicher Zulauf aus der ganzen Schweiz in die Thuner Partymeile in den alten Selve-Fabrikhallen. Silvesterparty 1997.
Christian Helmle Thun
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Selve-Areal als Partymeile: Brandschutz und Fluchtwege waren immer ein Problem – und ein Horror für Feuerwehrleute.
zvg Selve Park AG
Das bemerkenswerte ist, dass die Mission überhaupt gelungen ist, aus einer Industriebrache ein neues Quartier zu machen.
Denn eine neue Ordnung hatte bereits Jahre zuvor Fuss gefasst. Im Jahr 2000 gründeten der Kanton Bern und die Stadt unter grösster Geheimhaltung die Selvepark AG. Ihr Zweck: Sie soll das inzwischen verwahrloste Industrieareal ersteigern, so der Spekulation entziehen und dann darauf ein neues Stadtquartier errichten. Der Coup gelang.
Man würde heute das eine oder das andere vielleicht anders machen. Aber das neue Stadtquartier steht.
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Farbenfrohe Angelegenheit: Versprayte Fassade bei einem Clubeingang in einer alten Selve-Fabrikhalle.
zvg Selve Park AG
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Die historische Halle 6 beherbergt heute Design, Kultur und Gastronomie. Die gewaltige alte Stangenzugmaschine aus der Industriezeit steht noch da.
Christian Strübin/SRF
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Die legendäre Scheibenstrasse im Thuner Selve-Areal: Rechts die historische Fabrikhalle 6, links neues Verwaltungszentrum und Hochhaus.
Christian Strübin/SRF
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Die Arbeit ist getan, die Selve Park AG löst sich auf: Verwaltungsratspräsident Fritz Grossniklaus bei der Abschiedsfeier. Im Hintergrund eine versprayte Fassade aus der wilden Zeit des Selveareals als Partymeile.
Christian Strübin/SRF
Heute ist das Selve-Areal fertig überbaut. Mit Wohnbauten, Park am Aarewasser und einem kantonalen Verwaltungszentrum. Nur noch wenige, sorgsam renovierte Teile der riesigen Selve-Fabrikanlage zeugen von der industriellen Vergangenheit. Ob ein urbaner Wurf eines neuen Quartiers gelungen ist, wird kontrovers beurteilt.
Früher waren die Fabrik-Kamine die Zeichen des Fortschritts. Heute sind es die Hochhäuser.
Die Selvepark AG braucht es nicht mehr. Sie hat sich aufgelöst, nach dem Motto «servir et disparaître». Aber das Quartier und seine verrückte Geschichte verlockt zur Wanderung durch die Zeit. Mit dem Thuner Fotografen Christian Helmle, der die Jahrzehnte scharf beobachtet und mit seiner Kamera dokumentiert hat.
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