Eine Fachstelle für Bedrohungsmanagement würden viele begrüssen, sagte der Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr am Freitag vor den Medien. Das habe sich bei der öffentlichen Vernehmlassung gezeigt. Vereinzelt seien zu viele oder zu wenige polizeiliche Massnahmen auf Kritik gestossen.
Für die Fachstelle sind 700 Stellenprozente mit Polizisten, Psychologen und Sozialarbeitenden vorgesehen. Geplant ist eine Kooperation mit den Universitäten Psychiatrischen Kliniken Basel.
Gewalt verhindern, nicht nur ahnden
Im Zentrum des Bedrohungsmanagements steht die Verhinderung von zielgerichteter Gewalt vorab im Bereich von Häuslicher Gewalt, Gewalt aufgrund psychischer Störungen und gewaltbereitem Extremismus. Typisch sei da zumindst in gewisser Weise der Fall Ilias, sagte Dürr. Der Erstklässler wurde von einer psychisch angeschlagenen Frau auf seinem Schulweg umgebracht. Die Frau war bereits zuvor psychisch auffällig, man wusste auf verschiedenen kantonalen Ämtern, dass sie Probleme hatte. Dennoch hatte man das Drama nicht verhindern können.
Das neue Bedrohungsmanagement soll sowohl der gefährdenden wie der gefährdeten Person Unterstützung anbieten. «Die Fachstelle soll nicht erst dann zum Einsatz kommen, wenn es geknallt hat», sagte Sonja Roest Vontobel, Leiterin des Fachreferats im Justiz- und Sicherheitsdepartement. Falle heute jemand bei verschiedenen Ämtern negativ auf, könnten die involvierten Stellen nicht miteinander kommunizieren und wüssten deshalb nicht, dass sie es mit derselben Person zu tun haben.
«Im schlimmsten Fall kommt es trotz deutlicher Hinweise zur Eskalation und erst im Nachhinein erfährt man es», sagte Roest Vontobel. Ein kantonales Bedrohungsmanagement soll solche Fälle verhindern.
Die Einführung des Bedrohungsmanagements hat jährliche Kosten von 1,6 Millionen Franken zur Folge. In Betrieb genommen wird die Fachstelle voraussichtlich 2022.
In der Schweiz haben nur wenige Kantone noch kein Bedrohungsmanagement eingeführt. Neben Basel-Stadt sind dies Uri, Appenzell-Innerrhoden, Obwalden, Nidwalden und Graubünden.
Häusliche Gewalt: 70 Prozent mehr Rapporte
Wie an der Medienkonferenz zudem zu erfahren war, sind in Basel im ersten Halbjahr 2020 insgesamt 205 Delikte im Bereich Häuslicher Gewalt rapportiert worden. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Zunahme um beinahe 70 Prozent, wie Polizeikommandant Martin Roth sagte. Auch seien fünfmal mehr Fälle an die Opferhilfe gemeldet worden.
«Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dies mit Covid-19 zusammenhängt», sagte Roth. Der statistische Anstieg bedeute nicht eine faktische Zunahme der Häuslichen Gewalt. Vielmehr sei der Anstieg darauf zurückzuführen, dass die Polizei seit dem 1. Januar bei der Bekämpfung von Häuslicher Gewalt mehr Handlungsspielraum habe.
So hat die Kantonspolizei seither die Möglichkeit, einzelne Schutzmassnamen unabhängig voneinander und für verschiedene Betroffene zu verfügen. Wegweisungen, Rayon- oder Kontaktverbote können kumulativ angeordnet werden