Wer zur Grippe forscht, schaut gerade aufmerksam nach Kanada. Ein Teenager liegt dort schwer erkrankt im Spital. Er hat sich mit dem Vogelgrippevirus angesteckt, das in den vergangenen Jahren erst Wildvögel auf der ganzen Welt infiziert hat, dann Nutzvögel in Kanada und den USA. Dass der Teenager so schwer erkrankt ist, ist auffällig. Der Fall lässt Forschende weltweit aufhorchen, wie SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel erklärt.
1. Wo sich der Teenager angesteckt hat, ist ungeklärt
Anfang November bekam der Teenager Grippesymptome. Nach wenigen Tagen musste er wegen starker Atemnot ins Spital und wurde positiv auf Vogelgrippe getestet. Es ist unklar, wo sich der Teenager angesteckt hat. Erwartbare Risiken wie Kontakt mit kranken Wildvögeln sind nicht bekannt. Das heisst: Es muss noch andere Ansteckungswege geben als die bisher bekannten.
2. Das Virus ist an einer relevanten Stelle mutiert
Das Virus, das der Teenager in sich trägt, ist mutiert – und das an einer Stelle, wo Forscher das sehr ungern sehen: Dem Hämagglutinin, dem Protein an der Virusoberfläche, mit dem sich das Virus an Zellen heftet. Jede Veränderung an dieser Stelle kann dazu führen, dass es für Menschen ansteckender wird und/oder sie schwerer krank macht. Bisher war von Veränderungen gerade dort nur theoretisch die Rede. Jetzt zeigt das Virus, dass es dies tatsächlich kann. Ob der Junge wirklich wegen dieser Mutation derart schwer krank wurde, ist offen. Doch die Tatsache, dass Mutation und Schwere der Krankheit zusammenfallen, ist kein schöner Zufall.
3. Es besteht «Wiederholungsgefahr»
Wahrscheinlich ist das Virus erst im Körper des Teenagers mutiert und bisher sind keine Ansteckungen bekannt, die von dem Teenager ausgehen. Das heisst, diese Variante – samt ihrer beunruhigenden Mutationen – wird wohl verschwinden, kaum dass sie entstanden ist. Doch wenn diese Veränderung einmal geschehen ist, ist klar: Das kann jederzeit passieren. Je öfter Menschen sich infizieren, desto öfter gelangt das Virus in diese so spezielle Umgebung, den menschlichen Körper, in dem es unter genau den evolutionären Druck gerät, unter dem sich solche Mutationen lohnen.