Seit 25 Jahren treten im Café Kairo Rockbands auf. Viel Geld verdienen die Musikerinnen und Musiker damit nicht. Auch für die Berner Quartierbeiz sind die Kulturveranstaltungen kein Gewinn. «Rentabel ist das nicht, aber es macht Spass», erklärt Wirtin Trine Pauli. Doch damit ist es vorbei.
Der Kulturbetrieb in der Stadt Bern soll professionalisiert werden. Die Stadt fördert künftig nur noch Orte, die eine Mindestgage von 500 Franken pro Person bezahlen, dazu kommen Sozialabgaben. Die Gage für eine vierköpfige Band mit Techniker beträgt folglich rund 3000 Franken. Unbezahlbar für ein alternatives Kulturlokal wie das Café Kairo.
Mehr Geld für weniger Konzerte
Bern fordert als eine der ersten Schweizer Städte ab diesem Jahr Richtlöhne bei geförderten Projekten. Das sorgt in der Kulturszene für Aufruhr. Denn 500 Franken für einen Auftritt oder einen Tag Arbeit liegen weit über der heutigen Realität.
Kulturschaffende müssten professionell bezahlt werden, erklärt Franziska Burkhardt. Die Leiterin der Kulturförderung der Stadt Bern räumt ein: «Es ist ein riesiger Kulturwandel. Das braucht Zeit.»
Die konkreten Folgen: Die Stadt kann künftig weniger Projekte fördern. «Wir bräuchten bis zu 50 Prozent mehr Geld, um die bisherige Förderung aufrechtzuerhalten», räumt Burkhardt ein. Besonders betroffen sind die Sparten Rock, Pop, Jazz, Bildende Kunst und Literatur.
Auch der Bund fordert bessere Löhne
Faire Löhne mit Sozialabgaben will auch das Bundesamt für Kultur. Das steht in der neuen Kulturbotschaft des Bundes ab 2025. Viele Kulturschaffende leben an der Armutsgrenze. Das wurde der Schweiz spätestens während der Covid-Pandemie bewusst.
Bern geht voran. Andere Schweizer Städte werden folgen. Kulturchefin Burkhardt ist überzeugt: «Wir können von professionellen Kulturschaffenden nicht verlangen, dass sie ihre Auftritte als Hobby abtun.»
Droht trotzdem mehr Selbstausbeutung?
Faire Gagen befürworten grundsätzlich alle Musikveranstalter. Doch mit den von oben verordneten Mindestgagen ist man nicht glücklich.
Diego Dahinden vom Verband der nicht kommerziellen Musikclubs und Festivals «Petzi» erklärt: «Eine einzige Zahl als Mindestgage funktioniert nicht. Die Erfahrung und Grösse der Band etwa spielen eine Rolle.»
Dahinden warnt: Im schlimmsten Fall könne es gar zu einer Zweiklassengesellschaft in der Musikbranche kommen. «Auf der einen Seite die stark geförderten Veranstalter mit Mindestgagen. Auf der anderen Seite die alternative Szene, die ganz auf Förderung verzichtet und Selbstausbeutung betreibt.»
Bund plant Website für Rockmusiker
Im Café Kairo ist mittlerweile der Bescheid der Stadt Bern eingetroffen. Die Beiz erhält 2025 mehr als doppelt so viel Geld wie bisher. Damit können bessere Gagen bezahlt werden. Doch ob es für 500 Franken pro Person reicht?
Offen ist auch, was mit Nachwuchsbands passiert, welche gerne mal gratis im Kairo spielen würden.
Dazu kommt: Die Branchenorganisation Sonart der Musikschaffenden gibt bisher keine verbindlichen Richtgagen vor. Und mit dem neuen Förderregime wächst der Aufwand, etwa bezüglich Altersvorsorge. Das Bundesamt für Kultur plant dafür nun eine Informationswebsite.
Wirtin Trine Pauli ist schon lange im Geschäft. Sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen: «Wir spielen nun mit den Karten, die wir erhalten.» Die Spielregeln im Kulturbetrieb haben sich geändert.