Sie sorgt schon länger für Diskussionen, die Regel gewisser Telekomanbieter wie Sunrise und UPC, dass man nur noch per Telefon oder via Chatfunktion, aber nicht mehr schriftlich kündigen kann. Im Gesetz finden sich zwar keine Formvorschriften zu Telekommunikationsverträgen, aber es gibt Rechtsexperten, die diese Klausel als «ungewöhnlich und missbräuchlich» bezeichnen.
«Espresso» hat bereits darüber berichtet:
Dass die Regel darüber hinaus auch höchst kundenunfreundlich ist, zeigen zwei Beispiele, die dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» vorliegen. Eine Familie aus dem Kanton Aargau zieht um und möchte am neuen Wohnort zu einem anderen Anbieter wechseln. Fristgerecht wollen sie Ende November kündigen. Schriftlich geht nicht, also versuchen sie es per Telefon.
Kafkaeske Situationen
«Nach alles in allem etwa vier Stunden haben wir aufgegeben», erinnert sich der Familienvater. Sie hätten sich wie vorgegeben zur Kündigungshotline durchgeklickt und dort gewartet und gewartet. Niemand habe ihre Kündigung entgegengenommen. Bei der Abteilung für Neuabschlüsse habe schnell jemand abgenommen. Doch auch dort habe man sie nur wieder zurück in die Kündigungsabteilung geschickt. Auch im Chat seien sie nicht weitergekommen.
Darauf hat man mich per Mail und in einem Brief per Post darauf hingewiesen, dass ich per Telefon oder Chat kündigen müsse
Ähnlich ist es einer UPC-Kundin aus Basel ergangen: Ihr habe ein UPC-Vertreter einen neuen Vertrag zugeschickt, obschon sie ausdrücklich nur eine Offerte gewünscht habe. Sie will den Vertrag stornieren, kommt aber ebenfalls weder am Telefon noch im Chat durch. Sie versucht es darauf doch mit einem eingeschriebenen Kündigungsbrief. «Darauf hat man mich per Mail und in einem Brief per Post darauf hingewiesen, dass ich per Telefon oder Chat kündigen müsse», sagt die UPC-Kundin. Eine kafkaeske Situation.
Sunrise/UPC: «Hotline und Chat funktionieren»
Die Medienstelle von Sunrise und UPC – beide gehören ja unterdessen zum internationalen Medienkonzern Liberty Global – will von einem Systemfehler nichts wissen. «Die Kündigungshotline und die Chatfunktion funktionieren», heisst es in der schriftlichen Antwort.
Lediglich zu Spitzenzeiten könne es vereinzelt zu Engpässen bei der Entgegennahme von Anrufen oder Chats kommen. Dann erhöhe man aber kurzfristig die Kapazitäten, um die Erreichbarkeit zu verbessern. Ferner könnten Sunrise-Kundinnen und -Kunden, und schon bald auch jene von UPC, einen Rückruf bestellen.
Ein solcher Rückruf wurde auch der Familie aus dem Kanton Aargau angeboten. Sie wartet bis heute darauf. Weil der gewünschte alternative Anbieter an ihrem neuen Wohnort vorläufig noch nicht erhältlich ist, bleiben sie vorerst bei Sunrise – wohl oder übel.
Die Kündigung der UPC-Kundin wurde schliesslich doch noch akzeptiert, nachdem sich «Espresso» eingeschaltet hat. Grundsätzlich will Sunrise/UPC an der umstrittenen Kündigungsklausel festhalten.
Politischer Gegenwind
Es gibt nun politischen Gegenwind in Form eines Vorstosses von SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Auch dort seien mehrere Beschwerden von verärgerten Telekomkundinnen und -kunden eingetroffen. Mit der Motion soll eine Gesetzesänderung erreicht werden, welche den Anbietern solche Einschränkungen der Kündigungsformen untersagt.
Salt krebst zurück
Telekomanbieterin Salt ist übrigens zurückgekrebst. Dort sind seit November auch schriftliche Kündigungen wieder möglich. Bei der Swisscom kann man überdies auch in deren Shops kündigen. Bei Salt, Sunrise und UPC ist das nicht möglich.