«Gerichtliches Verfahren» steht im Betreff des Schreibens, das «Espresso»-Hörer Urs S. letzthin erhalten hat. Das Inkassobüro Inkassodata droht damit, dass er «im Ernstfall mit einem Pfändungsverfahren» rechnen müsse, wenn er nicht bezahle. Und dann werde es noch viel teurer: Inkassokosten, Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltskosten… das alles gehe zu seinen Lasten.
Allerdings: Die Forderung, die Inkassodata bei Urs S. eintreiben will, ist nicht gerechtfertigt. Mehrfach hat er sich schriftlich dagegen gewehrt. Ohne Erfolg. «Die schickten immer wieder Mahnungen.»
Die Ausreden von Inkassodata
Letztendlich hat sich Urs S. bei «Espresso» gemeldet. Und siehe da: Kaum nimmt das SRF-Konsumentenmagazin mit Inkassodata Kontakt auf, geht es schnell: Die Gläubigerin habe die Forderung längst storniert. Leider sei diese Information bei Inkassodata «nicht korrekt aufgenommen und verarbeitet» worden. «Dies wurde jetzt nachgeholt und dieser Fall wird jetzt abgeschlossen.» Urs S. werde keine weiteren Mahnschreiben mehr erhalten.
Die «Espresso»-Redaktion hätte gerne noch etwas mehr erfahren: Urs S. hatte sich mehrfach schriftlich gegen die ungerechtfertigte Forderung gewehrt – weshalb also wurde der angebliche Fehler nicht schon viel früher korrigiert? Und was unternimmt Inkassodata ganz grundsätzlich, um zu vermeiden, dass ungerechtfertigte Forderungen einfach immer und immer wieder eingefordert werden? Auf diese Fragen hat Inkassodata nicht mehr reagiert.
Bei einer berechtigten Forderung würde ein Inkassobüro wohl viel früher die Betreibung einleiten und nicht einfach immer und immer wieder solche Drohschreiben schicken.
Es geht einzig darum, Druck zu machen
Für «Espresso»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner zeigt dieser Fall anschaulich, mit welchen Mitteln Inkassobüros versuchen, Druck zu machen. «Natürlich kann ein Inkassobüro eine Betreibung einleiten – und ja, die allfälligen Kosten gehen in der Regel zu Lasten derjenigen Partei, die in dem Verfahren unterliegt. Aber dazu müsste ein Inkassobüro zuerst einmal beweisen können, dass die Forderung tatsächlich berechtigt ist.» Voraussetzung dafür sei beispielsweise ein unterschriebener Vertrag.
Die Rechtsexpertin gibt auch zu bedenken: «Bei einer berechtigten Forderung würde ein Inkassobüro wohl viel früher die Betreibung einleiten und nicht einfach immer und immer wieder solche Drohschreiben schicken.»
Nie etwas unterschreiben!
Oft versuchen Inkassobüros, durch die Hintertür an Belege für ungerechtfertigte Forderung zu kommen. Das war auch im Falle von Urs S. so: Inkassodata bot ihm die Möglichkeit an, den Betrag in Raten zu bezahlen. Dazu hätte er ein Formular unterschreiben und an Inkassodata zurücksenden müssen.
«Solche Formulare sollte man nie unterschreiben», sagt Gabriela Baumgartner. «Damit liefert man sich dem Inkassobüro aus.» Denn mit der Unterschrift bestätige man meist, dass man mit der Forderung und mit sämtlichen aufgeführten, teilweise sehr hohen Zusatzkosten einverstanden sei. «Mit einem solchen Schreiben kann das Inkassobüro dann tatsächlich die Betreibung einleiten und einen allfälligen Rechtsvorschlag aufheben lassen.»
Am besten lassen Sie sich von solchen Inkassoschreiben nicht beeindrucken. Insbesondere bei ungerechtfertigten Forderungen können Sie sie getrost ignorieren. Wichtig ist jedoch, dass Sie im Falle einer Betreibung Rechtsvorschlag erheben. Denn damit muss das Inkassobüro beweisen, dass die Forderung berechtigt ist. Der Rechtsvorschlag muss innerhalb von zehn Tagen nach Erhalt des Zahlungsbefehls erhoben werden.