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Pille für den Mann: Bald Realität oder ewiger Running Gag?
Aus News Plus vom 14.12.2023. Bild: Imago/Christoph Hardt
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Verhütung ist auch Männersache Wieso dauert das so lange mit der Pille für den Mann?

In Grossbritannien laufen Tests an Männern mit einer hormonfreien Pille. Bis sie marktreif ist, geht es noch Jahre.

In Grossbritannien wird die Verhütungspille für den Mann getestet – und zwar nicht an Mäusen oder Affen, sondern an Männern.

Trotzdem stünden wir aber nicht vor der nächsten sexuellen Revolution, sagt die Journalistin und Autorin Franka Frei. Schliesslich hätten Boulevardmedien die Pille für den Mann schon in den 1980er-Jahren gross angekündigt – freilich ohne dass es dazu gekommen sei. «Das wurde quasi zum Running Gag.»

Verhütung ist immer noch Frauensache

Wieso aber läuft es so harzig mit der Pille für den Mann? Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass die Verhütung beim Sex noch immer grösstenteils Frauensache ist – für sie gibt es heute die Pille, die Spirale, den Ring, das Pflaster, die Spritze, das Diaphragma oder das Stäbchen. Für den Mann gibt es Kondome oder die Vasektomie. Mehr nicht.

Pille war eine Befreiung für viele Frauen

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«Dass die Verhütung vor allem Frauensache ist, liegt auch daran, dass man sie irgendwann einmal dazu gemacht hat», sagt Franka Frei. Die Frauen seien froh darüber gewesen, endlich selber entscheiden zu können, ob sie schwanger werden wollten oder nicht. Entsprechend war die hormonelle Pille beliebt, auch wenn sie von Anfang an viele Nebenwirkungen hatte.

«Es war für die Frauen auch ein in langen Jahren erkämpftes Recht, ein solches Mittel zu haben», betont Frei.

Seit den 1960er-Jahren habe sich die Gesellschaft weiterentwickelt, trotzdem hat das mit der Verhütung nur wenig geändert. «Die Pille für die Frau ist inzwischen zu einem Milliardengeschäft für die Pharmaindustrie geworden», betont Frei. Entsprechend klein sei deren Bedürfnis, da etwas zu ändern. Entsprechend ist denn auch die Forschung für eine Pille für den Mann in den Kinderschuhen stecken geblieben – bis heute.

Franka Frei hat das Buch geschrieben: «Warum Verhütung auch Männersache ist». Sie beobachtet, dass vor allem jüngere Männer heute mehr Verantwortung beim Verhüten übernehmen.

«Auch ihr Leben ist ja betroffen, denn eine Vaterschaft verändert das Leben ganz gewaltig», sagt Frei. Daneben gehe es den jungen Männern von heute auch um Solidarität mit der Partnerin.

Kondom und Pille am beliebtesten

Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass in der Schweiz am häufigsten mit Kondom verhütet wird. An zweiter Stelle kommt die Pille, die gut ein Drittel aller verhütenden Frauen benutzen.

Vor 30 Jahren benutzte übrigens noch mehr als die Hälfte der verhütenden Frauen die Pille. Grund für diese Entwicklung sei unter anderem das breite Angebot an Verhütungsmitteln heute, heisst es vom Bund.

Keine Hormone in Pille für den Mann

In der nun in Grossbritannien getesteten Pille für den Mann sind keine Hormone drin. Sie funktioniert mit einem Hemmstoff, der ein Protein im Männerkörper ein- oder ausschaltet.

Ihre Hoden schrumpften von der Grösse von grossen Freilandeiern auf eine solche von gedörrten Pflaumen.
Autor: Franka Frei Journalistin, Autorin, Aktivistin

Das Protein ist unter anderem für die Spermienproduktion zuständig. Diese wird bei Einnahme des Hemmstoffs eingestellt. Bis der Stoff allenfalls auf den Markt kommt, dürfte es allerdings noch mehrere Jahre dauern.

Männerpille schon vor Jahrzehnten getestet

Die Idee einer Pille ohne Hormone für den Mann ist schon hundert Jahre alt. Und Versuche mit einem ähnlichen Hemmstoff gab es schon in den 1950er-Jahren, damals zunächst an Mäusen. Er soll bei diesen 99 von 100 Schwangerschaften verhindert haben. Offensichtliche Nebenwirkungen gab es laut Franka Frei nicht.

Weitere Versuche mit Verhütungsmitteln

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Ausser Kondom und Vasektomie – oder eben der Pille für den Mann – ist auch an anderen Verhütungsmethoden für Männer geforscht worden. Einige der Versuche funktionieren mechanisch. So etwa das Verhütungsgel. Der Mann trägt das Hormon-Gel einmal am Tag auf die Schultern auf – und innert weniger Wochen solle so die Anzahl Spermien drastisch sinken. Oder das Samenleiterventil: Ist das Ventil offen, fliessen die Spermien, der Mann ist fruchtbar. Ist das Ventil zu, werden die Spermien in den Hodensack abgeleitet, dort als Fremdkörper erkannt und abgebaut. Der Mann ist steril.

Eine Pille für den Mann wurde vor Jahrzehnten sodann an Gefangenen in den USA getestet. Das Ergebnis dieser fragwürdigen Versuche: Die Pille hat gewirkt, und das ohne grössere Nebenwirkungen. «Ausser, dass ihre Hoden von der Grösse von grossen Freilandeiern auf eine solche von gedörrten Pflaumen schrumpften, wie es im Versuchsprotokoll heisst», weiss Franka Frei.

Pille ging nicht mit Alkohol

Bei den Gefängnistests in den USA wurde allerdings eine sehr entscheidende Sache nicht bedacht: Das Mittel vertrug sich nicht mit Alkohol. Das aber fand man erst heraus, als der Wirkstoff an Nichthäftlingen ausprobiert wurde. Das Experiment wurde daraufhin abgebrochen.

Es darf davon ausgegangen werden, dass der neue Hemmstoff, der jetzt in Grossbritannien getestet wird, verträglich ist mit Alkohol – schliesslich findet der Versuch im Land von Ales, Stouts und Porters statt.

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SRF 4 News, 14.12.2023, 17:15 Uhr ; 

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