BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf räumt ihren Sitz im Bundesrat auf Ende Jahr. Die Unterstützung der seit den Wahlen vom 18. Oktober geschwächten Mitte-Parteien für sie bröckelte in den letzten Tagen zusehends. Entsprechend fallen auch die Reaktionen aus.
SVP will den zweiten Sitz
«Wir haben mit diesem Rücktritt gerechnet», sagt Toni Brunner. Von einer Genugtuung will der SVP-Parteipräsident aber nicht sprechen. Der heutige Tag habe die Schweizer Politik «entkrampft», erklärte Brunner.
Nun könne seine Partei mehr Verantwortung übernehmen. Dass die SVP zwei Sitze im Bundesrat für sich beanspruchen müsse, stehe ausser Frage. «Es gibt nichts, dass mehr legitimiert wäre als das.»
Für den Bundesrat braucht es nach Ansicht von Brunner Persönlichkeiten, die führten und bereit seien, sich den schwierigen Dossiers wie der Asyl- und Europapolitik anzunehmen. Eine eigene Kandidatur schliesst Brunner aber kategorisch aus. «Das steht nicht zur Diskussion.»
An ihrem Fahrplan will die Partei festhalten: Bis am 13. November müssen die SVP-Kantonalsektionen ihre Kandidaten melden. Schon am 16. November tagt die interne Findungskommission und macht Empfehlungen zuhanden des SVP-Fraktionsvorstandes. Und am 20. November schliesslich entscheidet die Fraktion, mit welchem Kandidaten sie ins Rennen steigt.
CVP blickt auf die Bundesratswahl
«Mit dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf verliert der Bundesrat eine wichtige Persönlichkeit», teilt die CVP mit. Sie habe die Schweiz gut vertreten, insbesondere mit ihren guten Dossierkenntnissen in Finanzangelegenheiten.
Die CVP anerkenne den Anspruch der SVP auf zwei Bundesratssitze. Sie «erwartet für dieses Amt Kandidierende, die bereit sind, im Sinne der Konkordanz und der Kollegialität zusammen zu arbeiten».
SP pocht auf Kollegialität
Die SP erinnert daran, dass Widmer-Schlumpf als SVP-Vertreterin in den Bundesrat gewählt wurde und acht Jahre lang eine bürgerliche Politik vertreten habe. Dies «jedoch ohne ideologische Scheuklappen». Ihre Bilanz sei denn auch positiv: Die zurücktretende Bundesrätin habe den längst fälligen Umbau des Finanzplatzes Schweiz massgeblich geprägt.
Auch die SP formuliert unmissverständlich ihre Anforderungen an eine Nachfolge: Sie werde jene Kandidaten anhören, die konkordanzfähig seien und sich «unmissverständlich zu den Bilateralen, zur EMRK und zum Grundrecht auf Asyl bekennen».
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Grüne wollen Bilaterale erhalten
Die Grüne Partei sieht die bürgerlichen Mitte-Parteien in der Verantwortung. Es liege an ihnen, Kandidaten zu nominieren, welche die Menschenrechte anerkennen und sich für den Erhalt der bilateralen Verträge einsetzen.
Sie bedauern, dass Widmer-Schlumpf nicht nochmals antritt. Obwohl sie als SVP-Vertreterin gewählt worden war, habe sie in den letzten Jahren zentrale Reformen mitgetragen – etwa den automatischen Informationsaustausch.
Wirtschaft schlägt auch kritische Töne an
Für die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) war die Bundesrätin in den letzten fünf Jahren eine dossierstarke Geschäftspartnerin. International habe sie die Interessen der Schweiz und des Finanzplatzes konsequent vertreten. Früh habe sie erkannt, dass sich der automatische Informationsaustausch als internationaler Standard durchsetzen werde.
Bei der Neuausrichtung des Finanzplatzes und in Steuerdossiers vermisste die Bankiervereinigung hingegen «klare strategische Visionen und eine Gesamtsicht» der Bundesrätin.
Den Rücktritt nicht kommentieren wollte der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.
FDP klar für zweiten SVP-Sitz
«Die grösste politische Kraft muss eingebunden werden», sagte FDP-Präsident Philipp Müller der Agentur sda. Der SVP stünden zwei Sitze zu. Seit dem Wahlergebnis vom 18. Oktober gelte dies umso mehr. Die FDP gehe davon aus, dass die SVP eine Doppelkandidatur präsentiert. «Wir werden also eine Auswahl haben.»
In einer Medienmitteilung bedankte sich die Partei bei Widmer-Schlumpf «für die geleistete Arbeit und ihren Einsatz im Dienste der Schweiz».
GLP: Keine Oppositionshaltung gefragt
Auch für die Fraktionspräsidentin der Grünliberalen Partei (GLP), Tiana Angelina Moser, ist klar: Die SVP hat mit ihrem Wähleranteil Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz. «Aber die Partei muss jetzt Bundesrats-Kandidaten präsentieren, welche konstruktiv mitarbeiten können». Ein SVP-Bundesratskandidat dürfe nicht auf Opposition machen.