Mehr zum Wahlbarometer
In rund vier Monaten wählen die Schweizer Bürger ein neues Parlament. Im zweiten SRG Wahlbarometer 2015 fühlte das Forschungsinstitut gfs.bern bei den Wählern den Puls. Würde bereits heute gewählt, käme es zu einem Rechtsrutsch, wie Claude Longchamp, Leiter des Instituts, erklärt. Profitieren würde allerdings nicht die grösste Schweizer Partei, die SVP, sondern die FDP, die derzeit einen Aufschwung erlebt.
Die Liberalen hätten alte Probleme gelöst, sich mit einem starken Mann an der Spitze neu und deutlicher rechts positioniert und klare Programmpunkte verfasst, erklärt Longchamp. Jetzt könne die Partei die ersehnten Erfolge verbuchen.
Deutlich gezeigt hätten dies die Parlamentswahlen im Kanton Zürich. Im April konnte die FDP dort gleich 8 neue Sitze einheimsen. Longchamp geht davon aus, dass die FDP.Liberalen auch gesamtschweizerisch stark zulegen können. Würde heute gewählt, könnte die FDP 17,1 Prozent der Wählerstimmen für sich gewinnen. Bei den Wahlen 2011 waren es 15,1 Prozent.
Themenschwerpunkte machen den Unterschied
Wo Gewinner, da Verlierer. Einbussen hinnehmen müssten wohl die Grünen und die BDP. Bei den anderen Parteien zeigen sich keine grossen Unterschiede zu den Wahlen 2011. Würde heute gewählt, bliebe die SVP stärkste Partei des Landes – gefolgt von der SP, der erstarkten FDP, der CVP und den Grünen. Die GLP würde die BDP überholen.
Gerade bei der BDP sieht Longchamp massive Probleme. Die Partei habe kein einziges Thema auf dem Parkett, das klar der Partei zuzuordnen wäre. Auch die CVP warte mit einem schwachen Themenprofil auf, so Longchamp. Und die Grünen hätten die Themenführung zu stark auf die Umwelt beschränkt. Die Schwäche dieser Parteien ist gleichzeitig die Stärke der FDP; sie steigt mit mehreren Themenschwerpunkten in den Wahlkampf, vor allem Bildung, Forschung, AHV, Migration und Wirtschaftsentwicklung.
Die Parteien im Überblick
Die SVP kommt im SRG-Wahlbarometer auf 26,1 Prozent der Wählerstimmen und ist und bleibt stärkste Partei. Sie kann damit ihr Niveau von den Wahlen 2011 halten. Die SVP kann vor allem auf ihre Stammwähler zählen, aber auch neue Wählerstimmen für sich gewinnen. Allerdings wandern wohl einige SVP-Wähler zur FDP ab.
Die SP erhält 19,3 Prozent der Wählerstimmen und bleibt ebenfalls ungefähr auf dem Level von 2011. Sie kann neue Wähler mobilisieren und erhält überraschend Stimmen aus dem Lager der BDP. Allerdings muss sie auch einige Wähler an die Grünliberalen abgeben.
Die FDP ist die klare Siegerin des zweiten Wahlbarometers. Sie kann gegenüber 2011 gleich um zwei Prozentpunkte zulegen und kommt auf 17,1 Prozent der Stimmen. Erstmals in der Geschichte des Wahlbarometers schafft sie es, Nichtwähler zu mobilisieren. Stimmen erhält sie zusätzlich von der SVP, der BDP und der GLP. Die «Affäre Markwalder» hat bei der FDP offenbar keine Spuren hinterlassen.
Die CVP bleibt mit 11,5 Prozent Wähleranteil gegenüber den Wahlen 2011 einigermassen stabil. Das Wahlbarometer zeigt leichte Verluste. Die Partei verliert offenbar vor allem Stammwähler, die zwar nicht zu anderen Parteien abwandern, dafür aber gar nicht mehr wählen wollen.
Bei den Grünen zeigt sich ein deutlicher Abwärtstrend. 7,4 Prozent der Befragten würden gemäss Wahlbarometer heute die Grünen wählen. 2011 waren es noch 8,4 Prozent. Wie bei der CVP entscheiden sich viele Grünen-Wähler nicht für eine andere Partei, sondern dafür, der Urne gänzlich fernzubleiben.
Die GLP kommt gemäss SRG-Wahlbarometer auf 4,8 Prozent. Sie kann damit ihr Niveau von 2011 einigermassen halten und platziert sich vor der BDP. Neue Stimmen kommen überraschend von der SP. Dagegen würden einige bisherige GLP-Wähler ihre Zettel mit FDP-Namen füllen.
Die BDP gehört klar zu den Verlierern des zweiten Wahlbarometers 2015. Mit 4,4 Prozent der Wählerstimmen fällt sie gar hinter die GLP zurück. 2011 hatten noch 5,4 Prozent die BDP gewählt. Auch diese Partei muss Stimmen an die FDP sowie an die SP abtreten.
Parteilandschaft heute ausgeglichener
Klare Aussagen kann das SRG-Wahlbarometer aber nur für FDP, GLP und BDP machen. Bei sämtlichen anderen Parteien liegt die Wahrscheinlichkeit von Gewinnen und Verlusten ausserhalb des Bereichs einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit.
Grundsätzlich sind die Veränderungen heute in der Parteilandschaft deutlich weniger ausgeprägt als noch in den 1990er-Jahren. Im Jahr 1999 habe er die grösste Veränderung erlebt, sagt Claude Longchamp. Seither könnten die Parteien ihre Wählerstimmen mehr oder minder halten.
Von den Befragten äusserten gemäss Wahlbarometer 47 Prozent die feste Absicht, im Oktober an die Urne zu gehen. Je höher das Alter sowie die Bildung, desto höher ist auch die Teilnahmebereitschaft. Die Polparteien sind deutlich besser mobilisiert als die Mitte. Die allgemeine Rechtsentwicklung gegenüber 2011 erklärt Longchamp damit, dass die Rechte den Rückstand in der Wahlbeteiligung auf die Linke aufgeholt hat.