Für den Bau der Kaverne kommt die BLS nicht darum herum, die Tunnelverkleidung bei der Schadstelle zu öffnen. Etwas, das sie zu vermeiden gehofft hatte. Denn nun muss die Oströhre für die mehrmonatigen Bauarbeiten geschlossen werden.
Der Bahnverkehr wird einspurig durch die Weströhre geführt, wie Stefan Irngartinger, Projektleiter Alptransit der BLS, am Dienstag vor den Medien sagte. Die stündlichen Personenzüge zwischen dem Wallis und Bern will die BLS aufrechterhalten.
Bohrloch Nummer 37
Die von den Wassereinbrüchen betroffene Stelle in der Oströhre befindet sich in einer geologischen Zone der Quintnerkalke. Der stabile Kalkfels ist mit Karstsystemen durchzogen.
Bei Erkundungsbohrungen stiessen Geologen dann auch auf eine Karstquelle, rund 2,5 Kilometer vom Südportal des Tunnels entfernt. Damit es im Gestein um den Tunnel nicht zu unkontrollierbarem Wasserdruck kommt, wurde das Bohrloch Nr. 37 als einziges nicht verschlossen.
Das Wasser wurde stattdessen hinter der Tunnelwand in Schläuchen zu einem Verteilschrank geleitet und von dort durch eine Druckleitung aus dem Tunnel befördert. Nachdem das System installiert war, wurde Dichtungsfolie verlegt und der Tunnel zubetoniert, wie Irngartinger erklärte.
Durch ein natürliches Ereignis hätten sich nun die Fliesswege im Gestein verändert, so dass sehr viel mehr Sand in die Erkundungsbohrung geschwemmt wurde. So kam es zu einer Verstopfung am Übergang zu den Schläuchen.
Durch den hohen Wasserdruck entstand ein Leck. Auch die Abdeckfolie wurde beschädigt. Bei einer einzigen Blockfuge zwischen zwei Wasserschläuchen drangen dann Wasser und Schlamm in die Oströhre. Das Ereignis sei also sehr lokal und nicht auf das gewählte Abdichtungssystem zurückzuführen, wie Irngartinger betonte.
Eigene Kaverne
Eindringendes Wasser und Schlamm werden aktuell in provisorische Absetzbecken geführt und aus dem Tunnel geleitet. Die Stelle wird laut BLS mit zahlreichen Messpunkten und Videokameras überwacht. Die Absetzbecken können Züge nur mit reduziertem Tempo passieren.
Definitiv Abhilfe vor den Wassereinbrüchen schaffen soll nun eine Kaverne, die auf der Ostseite der Oströhre erstellt werden soll. Sie soll mindestens ein Fassungsvermögen von tausend Kubikmetern haben, wie Irngartinger ausführte.
Zu den Kosten machte der Projektleiter Alptransit BLS keine konkreten Angaben. Irngartinger sprach von einem guten siebenstelligen bis zu einem niedrigen achtstelligen Betrag.
Das Wasser wird aus der Kaverne abgeleitet. Wie der dort angeschwemmte Sand abtransportiert wird, ist derzeit noch Gegenstand von Abklärungen.
Anfang Februar kam es erstmals zu einem Wassereinbruch in die Oströhre. In die Weströhre drang ebenfalls Wasser ein, allerdings weit weniger. Nach dem Ausspülen der Drainageleitungen beruhigte sich die Situation in der Weströhre wieder.
Am 13. März kam es zu einem neuerlichen Wasser- und Schlammeinbruch. Insgesamt rund tausend Kubikmeter Schlamm wurden in den Tunnel geschwemmt. Am 22. April war er wieder offen. Ende April kam es zu einer erneuten Sperrung der Oströhre. Diesmal aber weil die Sensoren die Absetzbecken als voll gemeldet hatten.
Warum es bis im Mai gedauert hat, bis das Problem gefunden wurde, erklärt Irngartinger damit, dass die Situation zu Beginn nicht so klar war. «Die Problemstelle ist hinter der Tunnelwand versteckt», so Irngartinger. Man könne daher nicht genau sehen, was kaputt gegangen ist. Gewissheit gebe es erst, wenn die Tunnelwand abgebrochen sei.
Was ganz konkret passiert ist, sehen wir erst, wenn die Tunnelwand abgebrochen ist.
Momentan sei man auf Fotodokumentationen und Erfahrungsberichte von früher angewiesen. Das soll mit den zukünftigen Massnahmen verbessert werden. Die kritische Stelle soll zugänglich, begehbar und unterhalbbar gemacht werden, so könne man künftig sehen, was dort passiert, sagt Stefan Irngartinger.