Der Touristikkonzern Thomas Cook hat nach Angaben der britischen Behörden das Geschäft eingestellt.
Alle Flüge seien daher gestrichen worden, teilte die britische Flugbehörde mit.
Man starte nun eine Rückholaktion für Kunden im Ausland. Sie trägt nach BBC-Angaben den Codenamen «Matterhorn».
Konzernchef Peter Fankhauser sprach von einem «tiefen Bedauern».
Das Unternehmen befinde sich nun in der Zwangsliquidation, heisst es auf einer Mitteilung auf der Webseite. Ein entsprechender Insolvenzantrag vor Gericht sei bereits gestellt worden. Von der Insolvenz unmittelbar betroffen sind rund 160'000 Touristen, die meisten von ihnen Briten.
Der Reisekonzern hatte das ganze Wochenende um eine Abwendung der Insolvenz gerungen. Nötig dafür wäre eine Finanzierung in der Höhe von umgerechnet 250 Millionen Franken gewesen.
Der britische Premierminister Boris Johnson steht hinter dieser Entscheidung. Er sagte, man müsse eher schauen, wie Reiseagenturen sich künftig selber besser schützen könnten. Den Reiseveranstalter Thomas Cook zu retten, könnte hingegen auch bei anderen Firmen die Erwartung wecken, in einer ähnlichen Situation die gleiche Behandlung zu erhalten, so Johnson.
Konzernchef Peter Fankhauser bedauerte das Scheitern der Gespräche. Er sprach in der Erklärung von einem «tief traurigen Tag» für den Konzern. Fankhauser entschuldigte sich bei den «Millionen Kunden und Tausenden
Angestellten, Zulieferern und Partnern».
Condor will weiterfliegen
Von der Pleite des Konzerns seien insgesamt rund 600'000 Urlauber betroffen. Im deutschsprachigen Raum ist Thomas Cook mit der Fluglinie Condor und der Marke Neckermann Reisen präsent.
Condor hatte am Sonntag versichert, dass der Flugbetrieb weitergehe. «Condor hält den Flugbetrieb aufrecht», teilte die Thomas-Cook-Tochter auf Twitter mit. Condor fliege weiter, hiess es auch auf der Internetseite der Fluggesellschaft. Die Flüge fänden planmässig statt. Jedoch dürfe Condor aus rechtlichen Gründen Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen, teilte die deutsche Thomas Cook mit.
Condor habe bei der Deutschen Bundesregierung einen Überbrückungskredit beantragt. Der Antrag werde gegenwärtig von der Bundesregierung geprüft, teilte der Ferienflieger mit.
21'000 Mitarbeitende
Der 1841 gegründete Reiseveranstalter Thomas Cook betrieb Hotels, Ferienressorts sowie Airlines und veranstaltete Kreuzfahrten. Von den 105 Flugzeugen im Konzern fliegen 58 für den deutschen Ferienflieger Condor. Weltweit hat Thomas Cook rund 21'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 16 Ländern.
Das Unternehmen war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits 2012 retteten mehrere Banken den Konzern nach Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme mit frischem Geld vor dem Untergang.
Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktorin Lucia Theiler
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Thomas Cook hat vor bald 180 Jahren die Pauschalreise erfunden. Nun ist das Unternehmen am Ende. Der Fall ist symptomatisch für eine Branche, die sich neu erfinden muss.
Tourismusanbieter stehen weltweit unter Druck: Konsumentinnen und Konsumenten buchen Flüge und Hotels oftmals selbst. Ein Ferienanbieter als Scharnierstelle dazwischen ist für viele Reisende obsolet geworden. Das haben einige Reisebüros realisiert – und setzten darum vermehrt auf Beratung und Spezialisierung.
Auch in der Schweiz hat sich der frühere Branchenprimus Kuoni beispielsweise bereits vor rund drei Jahren aufgespalten und spezialisiert.
Thomas Cook hingegen hat versucht, mit Angeboten für die breite Masse zu bestehen. Das liegt nahe: Thomas Cook hat das Geschäftsmodell der Pauschalreisen vor bald 180 Jahren erfunden. Als erstes Unternehmen bot es Bahnreisen an. Weitere Innovationen folgten: Beispielsweise war Thomas Cook auch das erste Reisebüro, das Nil-Kreuzfahrten verkauft hat.
Zudem gilt Thomas Cook als Erfinder von Hotelcoupons und Reisechecks. Doch für das digitale Zeitalter fehlten Thomas Cook die durchschlagenden Ideen. Die Zukäufe – zwei Fluggesellschaften, 220 Hotels, Marken wie Neckermann Reisen – machten den Konzern zwar gross, aber nicht stark genug. Dass die Margen im Massengeschäft längerfristig dünn bleiben, hat Thomas Cook offenbar zu spät realisiert. Zwar hat der Konzern noch in diesem Jahr versucht, Geschäftsteile – etwa die Fluggesellschaften oder das Nordeuropageschäft – wieder abzuspalten. Doch es blieb beim Versuch.
Der Schweizer Konzernchef Peter Fankhauser setzte bis zuletzt auf Investoren, die den Konzern trotz seiner Grösse mit 21’000 Mitarbeitenden durch neue Zeiten tragen sollten. Doch nicht alle liessen sich überzeugen. Darum ist Thomas Cook nun am Ende seiner Geschichte angelangt.
Audio
Chaos nach Pleite von Thomas Cook
03:09 min, aus Echo der Zeit vom 23.09.2019.
Bild: Keystone
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