Die Industriegruppe Cereal Docks gehört zu den grössten Produzenten von Futtermittel-Soja in Italien und ist die wichtigste Lieferantin für die Schweiz. «Die Schweiz ist sehr interessiert an Themen wie Reduktion von Emissionen in der Landwirtschaft, nachhaltige Produktion, Zertifizierung oder Nachverfolgbarkeit von Agrarprodukten», bestätigt Cristina Dalla Bona von der Handelsabteilung des Ölsaatenverarbeiters.
«Viel Arbeit»
Kommt die Sprache auf die neue EU-Verordnung für abholzungsfreie Lieferketten, verwirft Cristina Dalla Bona die Hände: «Das bedeutet viel Zusatzarbeit. Diese muss von den Produktionsbetrieben geleistet werden, aber auch von den Verarbeitern.» Denn von sämtlichen Produkten muss ab dem kommenden Jahr genau nachvollziehbar sein können, wo sie wie gewachsen sind und wie sie verarbeitet wurden.
Ein Teil der Bauernbetriebe hat zwar – im Rahmen eines Projekts für naturnahe Landwirtschaft – Angaben zu ihren Feldern und deren Bewirtschaftung digitalisiert. Von vielen Bauern gibt es aber noch Berge von Papierdaten, die verarbeitet werden müssen.
«Preise für Soja werden steigen»
Das grösste Problem für Cristina Dalla Bona aber ist der Zeitdruck: «Noch warten wir auf die genauen Leitlinien der neuen EU-Verordnung. Diese werden im Juni festgelegt.» Das heisst: Es bleiben nur wenige Monate, um die Datenbanken korrekt zu füttern. Mit Blick auf den grossen Aufwand ist für sie klar: «Die Preise für unsere Produkte werden steigen.»
Die neue EU-Verordnung nimmt nicht nur europäische Produzenten in die Pflicht, sondern auch jene in den weltweit grössten Produzentenländern wie Brasilien, den USA oder Kanada. In diesen Ländern sei es wohl noch aufwendiger nachzuweisen, dass die Soja aus abholzungsfreier Produktion stamme, bestätigt die Handelsfachfrau von Cereal Docks. Das sei für sie ein Vorteil, wenn sie für den europäischen Markt produzieren.
China macht nicht mit
Doch Soja ist ein Rohstoff, der auf dem Weltmarkt gehandelt wird. Und diesen dominieren andere Abnehmer. «China als grösster Käufer von Soja verlangt keine Auflagen zur Abholzung. Das verzerrt den Markt», so Dalla Bona. Gleichzeitig wird es so auch für die EU schwierig, ihr eigentliches Ziel zu erreichen: weltweit die Umweltschäden rund um die Produktion von Agrarrohstoffen zu reduzieren.
Die Schweiz selbst ist zwar nicht an die neue EU-Verordnung gebunden. Trotzdem seien Schweizer Händlerinnen und Händler direkt betroffen, sagt Salome Hofer, Präsidentin vom Soja Netzwerk Schweiz. «Viele unserer Mitglieder sind nicht nur in der Schweiz aktiv. Sie müssen sich nun überlegen, wie sie diese neuen Regeln in sehr kurzer Zeit umsetzen können.»
Keine Rückkehr zu Soja aus Brasilien
Auch sie ist überzeugt: «Futtersoja wird auch in der Schweiz teurer, weil zusätzliche Kosten für neue Systeme anfallen, um die Rückverfolgbarkeit der Produkte zu garantieren.»
Trotzdem geht Hofer nicht davon aus, dass Schweizer Importeure – um Kosten zu sparen – sich nun von europäischer Soja abwenden und wieder vermehrt in Brasilien einkaufen.
Die Schweiz habe sich schon vor der neuen EU-Verordnung für nachhaltige Lieferketten für Futtersoja eingesetzt. Vielmehr gelte es, im Verbund den administrativen Aufwand für die neuen EU-Standards zu minimieren.