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Absprachen im Unterengadin Ohne Whistleblower kein Fall für die Weko

Die Wettbewerbskommission Weko nimmt im Unterengadin Baukonzerne an die Kandare, weil die sich jahrelang über Offerten und Preise abgesprochen haben, so der Vorwurf. Warum trifft es gerade die Baubranche?

Ein Stück weit ist es Zufall, in welcher Branche die Wettbewerbskommission Weko unerlaubte Absprachen unter Konkurrenten aufdeckt. Sie ist stark auf Hinweise beispielsweise von Kronzeugen angewiesen. So kam es auch im jüngsten Fall im Unterengadin vereinzelt zu Selbstanzeigen von Baufirmen. Die erhoffen sich vom Ausplaudern von unerlaubten Absprachen eine Minderung der eigenen Busse.

Ermittlungen aufgeteilt

Dass die Baubranche gleich mehrfach Schlagzeilen macht mit unerlaubten Absprachen, hat aber noch einen anderen Grund: So hat die Weko die Ermittlungen im Kanton Graubünden aufgeteilt. Sie führt nun statt ein grosses Verfahren lieber zehn kleinere, aus «prozess-ökonomischen Gründen», wie es heisst.

Im Bündnerland ist niemand überrascht

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Einschätzung von SRF-Regionalredaktor Marc Melcher

Das Ausmass der Bauabsprachen im Unterengadin überrascht im Kanton nicht. Schon bei früheren Entscheiden der Weko hat sich abgezeichnet, wie systematisch die Firmen dabei vorgegangen sind.

Wirklich überraschend ist auch die Rolle des Graubündner Baumeisterverbands nicht. Und doch fällt am Entscheid der Weko auf, wie deutlich sie diese beschreibt. Der Baumeisterverband habe wissentlich zu den Vorversammlungen eingeladen, an denen die Aufträge unter den Baufirmen verteilt worden sind.

Der Entscheid der Weko kratzt an der Glaubwürdigkeit des Geschäftsführers Andreas Felix. Dass er nichts von den Absprachen gewusst haben soll, fällt schwer zu glauben. Auswirken dürfte sich dies vor allem auf die anstehenden Wahlen, bei denen Felix für die BDP um einen Sitz in der Regierung kämpft. Der Fall setzt nicht nur den BDP-Kandidaten unter Druck, er dürfte in den kommenden Wochen auch zum Wahlkampfthema Nummer eins werden. Nicht zuletzt, weil auch Kandidaten und Regierungsräte anderer Parteien gemäss verschiedenen Medienberichten zumindest indirekt in den Fall involviert sein sollen.

Mit dem Urteil zum Unterengadin wurde nun das achte dieser zehn Verfahren abgeschlossen: Es ist ein gewichtiges Verfahren. Die zwei restlichen sollen bis im Spätsommer oder Herbst 2018 entschieden werden, schreibt die Weko.

Die Kartell-Behörde greift nicht zum ersten Mal in der Baubranche durch. Sie hat schon früher interveniert, etwa bei Elektroinstallateuren im Kanton Bern, bei Baufirmen im Kanton Aargau, bei Strassenbauern im Kanton Zürich – oder eben jetzt im Kanton Graubünden.

In der Baubranche geht es oft um grosse Projekte, entsprechend auch um grosse Geldbeträge. Kommt hinzu, dass sich die Konkurrenten im Bausektor oft sehr gut kennen. Das kann unerlaubte Absprachen begünstigen, mutmassen Wettbewerbsexperten.

Übrigens: Die Sanktionen der Weko im jüngsten Fall, etwa die ausgesprochenen Bussen über 7,5 Millionen Franken, sind noch nicht rechtskräftig. Einige der Angeschuldigten bestreiten die Vorwürfe und können den Entscheid der Weko juristisch weiterziehen.

Eveline Kobler

Wirtschaftsredaktorin

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Eveline Kobler ist seit 2007 bei Radio SRF tätig und leitet seit Dezember 2016 die Wirtschaftsredaktion.

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