Ammoniak ist eine Stickstoff-Verbindung, die die Umwelt massiv schädigt und zu über 90 Prozent aus der Landwirtschaft stammt.
Die Schweiz leidet unter zu viel Stickstoff. Er entsteht zwar nicht nur in der Landwirtschaft, doch sie steht besonders schlecht da.
Ziel verfehlt
Der Stickoxid-Ausstoss von Verkehr, Industrie, Gewerbe und Haushalten ging in den vergangenen 20 Jahren um ein Drittel zurück.
Die Ammoniak-Emissionen der Landwirtschaft dagegen verharren heute fast auf dem gleich hohen Niveau wie im Jahr 2000: Zuletzt auf 42'300 Tonnen. Vorgeschriebenes Ziel sind 25'000 pro Jahr.
Im Mittelland hat man Überschreitungen vom bis zum Dreissigfachen des Wertes, der verträglich wäre.
Die Situation ist für Florian Altermatt nicht tragbar. Er präsidiert das Forum Biodiversität Schweiz. Zusammen mit weiteren Wissenschaftlern hat er für die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften die Stickstoff-Situation aktuell untersucht: Nur gerade im Alpenraum würden die Belastungsgrenzen für Ammoniak nicht überschritten.
Auch im internationalen Vergleich steht die Schweiz schlecht da: Nur Belgien und die Niederlande stossen mehr Ammoniak pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche aus.
Deutschland, Italien, Österreich und Frankreich haben deutlich weniger Ammoniak-Emissionen pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche.
Allgemeinheit trägt Kosten
Die Kosten der Stickstoff-Emissionen aus der Landwirtschaft liegen zwischen 500 Mio. und 2,5 Mrd. Franken pro Jahr. Sie werden von der Allgemeinheit getragen.
Florian Altermatt: «Das sind nur die direkt quantifizierbaren Kosten. Es gibt noch sehr viele indirekte Kosten – beispielsweise, wenn Organismen verschwinden, wenn die Biodiversität zurückgeht – das ist etwas, das sehr schwer in Geldwert zu fassen ist.»
Auch die Eidgenössische Kommission für Lufthygiene schlägt Alarm: «In den kommenden agrarpolitischen Etappen, zum Beispiel der AP22+, sind verbindliche Massnahmen zur Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft bezüglich Ammoniak- und Klimagasreduktionen unbedingt nötig.»
Die Agrarpolitik «AP22+», die am 14. Dezember im Ständerat beraten wird, sieht Massnahmen gegen Ammoniak-Emissionen vor: «Mit der Massnahme zur Reduktion der Ammoniakemissionen sollen Anreize für landwirtschaftliche Betriebe geschaffen werden, ihre Ammoniakemissionen gezielt zu senken.»
Doch der Bauernverband will, dass die «AP22+» sistiert wird. Er verlangt, dass der Bundesrat «die Ernährungswirtschaft als Ganzes anschaut».
Martin Rufer, Direktor des Bauernverbands, sagt, Massnahmen gegen Ammoniak-Emissionen könnten auch ohne eine Gesetzesänderung ergriffen werden. Der Bundesrat habe im November Massnahmen in einer Verordnung verankert.
Zudem würden in vielen Kantonen Ammoniak-Reduktionsprogramme laufen: «Wir nehmen das Thema sehr ernst und setzen das um – unabhängig von der ‹Agrarpolitik 22+›.»
Die Massnahmen, welche die Bauern ergriffen hätten – Gülle mit Schleppschläuchen ausbringen, gedeckte Güllenbehälter – würden zunichtegemacht durch moderne Tierhaltungssysteme wie Laufhofställe: In diesen seien die Ammoniak-Emissionen höher als in den alten Anbindeställen.
Für Florian Altermatt ist klar, dass dringend gehandelt werden muss. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten könnten viel zur Verbesserung der Situation beitragen: indem sie auf eine mehr pflanzenbasierte Ernährung umstellen würden, also weniger Fleisch essen und weniger Milchprodukte konsumieren würden.