Bis 2050 will die Schweiz klimaneutral sein. Dafür muss sie die Emissionen im Verkehr drastisch reduzieren. Denn der Transportsektor verursacht rund ein Drittel aller Treibhausgasemissionen.
Grosse Hoffnungen ruhen auf Elektrofahrzeugen. Zu ihnen gehören Batterie- und wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge. Erstere sind bereits etabliert: Rund fünf Prozent der neu zugelassenen Autos in der Schweiz sind rein batteriebetrieben.
Brennstoffzellenfahrzeuge hingegen kamen bisher nicht richtig auf Touren. Jetzt aber sollen auch sie durchstarten. Zumindest, wenn es nach den Tankstellenbetreibern geht. Sie sind Teil des Wasserstoff-Mobilitäts-Sektors, der nun vorwärts machen will.
Bis Ende Jahr sollen schweizweit 50 Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge im Einsatz stehen – bis 2025 sollen es gar 1600 sein. Zudem werden momentan erste Wasserstoff-Tankstellen eingeweiht.
Wasserstoff – das Benzin von morgen?
Auf dem Weg zu einer erneuerbaren Mobilität ist Wasserstoff zentral. Das sagt Rolf Huber, Verwaltungsratspräsident von H2 Energy. Alleine könnten Batteriefahrzeuge die fossilen Antriebe nicht ersetzen: «Wenn alle ihr Auto an der Steckdose laden, kollabiert das System.»
Besonders bei schweren Nutzfahrzeugen führe kein Weg vorbei am Wasserstoff. Denn dank der hohen Energiedichte von Wasserstoff, einem seiner gewichtigen Vorteile, bleibt viel Platz für die Fracht. Zudem können die Fahrzeuge innerhalb weniger Minuten aufgetankt werden.
Entsprechend gross sei das Potenzial in diesem Sektor, so Martin Osterwalder, Verwaltungsrat des Tankstellenbetreibers Osterwalder St. Gallen: «Für einen Grossteil der schweizweit 40'000 Nutzfahrzeuge ist Wasserstoff eine sehr gute Alternativtechnologie.»
Batteriefahrzeuge in der Pole Position
Jörg Beckmann, Geschäftsführer des Verbandes Swiss eMobility, widerspricht diesen Einschätzungen: «In den nächsten Jahrzehnten sehe ich in der Schweiz keine Anwendungsmöglichkeiten für Brennstoffzellenfahrzeuge, auch nicht im Schwerverkehr.»
Denn die Distanzen in der Schweiz seien so kurz, dass batterieeleketrische Fahrzeuge ausreichten. Dazu seien sie klar günstiger und erst noch energieeffizienter und ökologischer.
Entsprechend mache der Aufbau eines Wasserstoff-Ökosystems in der Schweiz keinen Sinn. «Die volkswirtschaftlichen Kosten sind zu hoch.»
Platz für beide Technologien
Aber auch Beckmann weiss: Wasserstoff ist ein Grundbaustein in der anstehenden Energiewende im Verkehr. Denn er kann überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen speichern. Und sein Einsatzbereich geht weit über den Strassenverkehr hinaus. Wasserstoff hat grosses Potenzial im Schiffs- und Luftverkehr – auch als Grundstoff für synthetische Treibstoffe.
Welcher Antrieb sich aber im Strassenverkehr durchsetzt, ist auch für den Bund schwer einzuschätzen. Er fördert beide Technologien, mitunter in Anbetracht des heterogenen Mobilitätsmarktes.
Gemäss Christoph Schreyer vom Bundesamt für Energie wird die battrieelektrische Mobilität bei den Personenwagen die Nase vorn haben. Im Schwerverkehr über weite Strecken indes ortet er Potenzial für den Wasserstoffantrieb.
Vieles dürfte davon abhängen, welche technologischen Fortschritte die beiden Antriebssysteme in den kommenden Jahren machen und wie wirtschaftlich sie sind. Und nicht zuletzt auch, zu welchem Preis sie angeboten werden.