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Annäherung bei Digitalsteuer Reformprojekt der OECD scheint vorerst gerettet

  • Google, Facebook & Co. erzielen zwar Milliardengewinne, zahlen aber nur wenig Steuern. Die OECD plant deshalb eine Reform der Konzernsteuern.
  • Noch vor der Umsetzung dieser Pläne war es zu einem Streit mit den USA gekommen, weil Frankreich eine nationale Digitalsteuer einführen will.
  • Die USA drohten mit hohen Steuern auf französischen Käse und Champagner. Nun haben sich die beiden Länder in Davos geeinigt.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire war hörbar stolz auf die Einigung am Rande des WEF in Davos: Die Alternative zu diesem Kompromiss wäre ein Handelskrieg gewesen, sagte der Finanzminister nach einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Stephen Mnuchin. Und wenn ein solcher Handelskrieg erst einmal da sei, sei es schwer, ihn wieder zu beenden.

Der Kompromiss sieht vor, dass Frankreich bis Ende des Jahres darauf verzichtet, Digitalkonzerne zu besteuern. Im Gegenzug verzichten die USA – als Heimatland vieler Digitalkonzerne – vorerst darauf, 100 Prozent Steuern auf französischen Käse zu erheben. Der Kompromiss soll Luft schaffen, um die globale Konzernsteuerreform bis Ende Jahr unter Dach und Fach zu bringen.

USA ziehen bei OECD-Reform wieder mit

Federführend bei dieser Reform ist die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Deren Chef, José Ángel Gurría, zeigte sich in Davos zuversichtlich, dass der Zeitplan zu schaffen sei.

Die Einigung zwischen den USA und Frankreich hilft der OECD. Denn damit scheint klar zu sein, dass die USA wieder mit im Boot sind. Ohne ihre Unterstützung wäre das Grossprojekt nicht zu stemmen.

Tiefer Steuersatz ist besser als keiner

Zudem scheint sich zu verfestigen, dass die OECD einen Mindeststeuersatz von 12.5 Prozent der Konzerngewinne anpeilt. Das entspricht dem Niveau von Irland. Kritiker halten das für viel zu niedrig. Sie befürchten, dass damit die ganze Reform verwässert wird. Gurría verteidigte den Ansatz dagegen in einer Diskussionsrunde: 12.5 Prozent sei immerhin höher als 0.02 Prozent.

Damit machte er eine Anspielung darauf, dass grosse Konzerne im Schnitt nicht mehr als 0.02 Prozent ihres Gewinns an Steuern abführen, was viele Bürger, die normale Steuern zahlen, empört. Das weiss auch der OECD-Chef. Trotzdem ist ihm eine Reform mit niedrigem Steuersatz lieber als gar keine.

Klagedrohungen könnten sich häufen

Im Hintergrund ist der Druck der Konzerne und deren Heimatländer schon jetzt spürbar. Ob am Ende alle bei dem gigantischen Reformprojekt mitziehen, ist entscheidend für dessen Erfolg. Katharina Pistor, Rechtsprofessorin an der Columbia Universität in New York, rechnet mit viel Gegenwind, denn: «Viele Länder gestehen ihren Unternehmen zu, sich mit Steuervorteilen Wettbewerbsvorteile zu erkaufen.»

Und selbst wenn die globale Konzernreform Ende des Jahres stehen sollte, sei der Kampf um die Steuereinnahmen der Konzerne noch lange nicht vorbei, sagt sie. Denn die OECD-Reform will Konzernen die Möglichkeit eröffnen, vor einem Schiedsgericht gegen ungeliebte Steuerentscheide vorzugehen.

Viele Länder gestehen ihren Unternehmen zu, sich mit Steuervorteilen Wettbewerbsvorteile zu erkaufen.
Autor: Katharina Pistor Professorin an der Columbia University

Pistor findet das gefährlich: Unternehmen, die keine oder nur minimale Steuern bezahlen, könnten einen Streit nach dem andern vom Zaun brechen. Allein die Androhung eines Schiedsgerichtsverfahren durch Konzerne reiche oft, um Länder davon abzuhalten, Steuerentscheide auch durchzusetzen.

Denn ein Schiedsgerichtsverfahren dauere lange und verursache hohe Kosten, sagt die Expertin für Unternehmensrecht – Kosten, die der Steuerzahler tragen müsste, wenn ein Konzern den Streit gewinnt.

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