«Nudging» heisst auf Deutsch soviel wie «leicht anstupsen». Erfunden – oder besser gesagt verwendet – wird die Theorie des «Anstupsens» von Verhaltensökonomen. Komplett neu ist die Idee aber nicht.
Schon bevor die US-Ökonomen Richard Thaler und Cass Sunstein ihr Buch «Nudge» (deutscher Titel: «Wie man kluge Entscheidungen anstösst») 2008 veröffentlichten, erkannte die Wirtschaftswissenschaft: Menschen lassen sich mit cleveren Anreizen beeinflussen, um sie in eine gewünschte Richtung zu lenken.
Berühmt ist das Beispiel der Toilettenfliege aus den Neunzigerjahren. Der Flughafen Schiphol in Amsterdam wollte die hohen Reinigungskosten von Pissoirs senken. Ein Manager kam auf die Idee, das Bild einer Fliege in die Pinkelbecken zu kleben. Er glaubte, damit erhöhe sich die Zielgenauigkeit der Männer. Und siehe da: In den Pissoirs ging 80 Prozent weniger daneben.
Grosses Interesse seitens der Politik
Die Reinigungskosten sanken entsprechend. Und die Pissoir-Fliege wurde zum Symbol für «Nudging». Politiker nahmen die Idee auf. In den USA und Grossbritannien floss sie schnell in die Regulierungsdebatte ein. Barack Obama war genauso begeistert wie David Cameron. Letzterer schuf sogar eine «Nudge Unit»: Diese half ihm, die Briten dazu zu bringen, mehr Organe zu spenden.
Mittlerweile ist «Nudge» auch in anderen europäischen Ländern angekommen. Oft geht es darum, wie Fragen gestellt werden, respektive wie auf etwas hingewiesen wird. Dazu ein weiteres Beispiel: Am Flughafen Kopenhagen versperrten Raucher immer die Eingänge, weil im Innern des Flughafens Rauchen verboten ist. Das war mit Tafeln auch überall gekennzeichnet.
Anreize in der Regel billiger als Verbote
Die Ansammlung von Menschen an ungünstigen Orten ärgerte die Flughafenleitung. Sie montierte die Verbotstafeln ab. An ihrer Stelle leiten nun Bodenmarkierungen die Raucher dahin, wo Rauchen erlaubt und erwünscht ist.
«Nudges» sind also Alternativen zu Verboten. Sie verursachen weniger Kosten und brauchen keine Gesetzesverfahren. Gezwungen, der Stupserei nachzugeben, werde niemand – das sagen zumindest die Verhaltensökonomen.