- Im Falle einer Strommangellage sollen Angestellte einfacher auch am Sonntag oder in der Nacht arbeiten dürfen – zu Zeiten, wenn der Strom günstiger ist.
- National- und Ständerat sind bereit, das Arbeitsgesetz entsprechend anzupassen.
Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion der Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger mit 109 zu 72 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Sie hatte ihre Motion im vergangenen Herbst eingereicht, als alle von einer möglichen Strommangellage sprachen.
Während einer Energiemangellage könne es für Unternehmen nötig sein, die Arbeiten dann zu erledigen, wenn sonst kein grosser Energieverbrauch vorhanden ist, heisst es im Motionstext. Insofern könne ein Strommangel ein «dringendes Bedürfnis» für Nacht- oder Sonntagsarbeit darstellen.
Laut der Verordnung zum Arbeitsgesetz ist ein solches dringendes Bedürfnis eine Voraussetzung für Nacht- und Sonntagsarbeit. Der Ständerat hatte dem Vorstoss schon im Dezember zugestimmt.
«Motion will ein Problem lösen, das es nicht gibt»
Der Bundesrat und eine Minderheit in den beiden Räten waren gegen die Flexibilisierung des Gesetzes. SP-Nationalrat Cédric Wermuth erklärte, dass es schwierig sei, gegen eine Motion ohne Problem dahinter zu argumentieren. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schreibe in einer neuen Wegleitung zur Anwendung der Verordnung, als «dringliche Bedürfnisse» gelte eine Energiemangellage. Im Moment, als die Motion eingereicht wurde, habe es diese Neuerung in der Wegleitung noch nicht gegeben. Jetzt aber wolle die Motionärin ein nicht existierendes Problem lösen.
Die Unterstützerinnen und Unterstützer im Ständerat hätten daraufhin ihre Argumente um 180 Grad umgekehrt, sagt Wermuth. FDP-Ständerat Ruedi Noser habe gesagt, dass er die Motion unterstütze, damit die Bewilligungspflicht wegfalle. «Das ist eine Aufkündigung des Prinzips des schweizerischen Arbeitsgesetzes», sagte der Co-Präsident der SP Schweiz.
Auf die geänderte Seco-Wegleitung wies auch Bundesrat Guy Parmelin hin. Die Bundesverwaltung habe das Anliegen der Wirtschaft rasch aufgenommen und es sei erfüllt. In ihrer Antwort auf die Motion hatte die Landesregierung auch aufgeführt, das Arbeitsgesetz gebe den Betrieben bereits heute einen grossen Spielraum. Von Montag bis Samstag könnten die Unternehmen zwischen 6 und 23 Uhr bewilligungsfrei arbeiten. Wenn es darüber hinausgehende Anpassungen der Arbeitsorganisation brauche, könnten die Kantone Ausnahmen bewilligen.
Verordnungsänderung mit Blick auf kommenden Winter
Der Strom könne auch nur in Teilen der Schweiz ausfallen, sagte Parmelin im Dezember im Ständerat. Deshalb sei es richtig, dass die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit bei den Kantonen liege. Zu diesem Argument hatte Motionärin Gmür-Schönenberger gesagt, die Coronakrise habe gezeigt, dass es in der Schweiz zu unerwünschten Flickenteppichen kommen könne. Dass die Kantone diesbezüglich individuell entscheiden könnten, sei in diesem Fall nicht empfehlenswert.
Eine Mehrheit der vorberatenden Kommission im Nationalrat war laut FDP-Sprecherin Petra Gössi der Meinung, dass es diese Flexibilisierung im laufenden Winter nicht mehr brauche. «Die Mehrheit war sich aber einig, dass wir uns zwingend auf den nächsten Winter vorbereiten werden müssen.»