- Rund vier Milliarden Franken Subventionen fliessen jährlich in die Landwirtschaft.
- Das sei nur die halbe Wahrheit, kritisiert die liberale Denkfabrik Avenir Suisse.
- Avenir Suisse geht von Gesamtkosten von 20 Milliarden für die Schweiz aus.
- Alleine 7 Milliarden gingen dabei auf Umweltschäden zurück, die Bauern verursachten.
Es dürfte kein Zufall sein, dass sich die liberale Denkfabrik Avenir Suisse rund zwei Wochen vor der Abstimmung über die beiden heiss diskutierten Agrar-Initiativen «Fair Food» und «Ernährungs-Souveränität» in die Diskussion einbringen will. Man setzt wohl bewusst auf Provokation: Die Schweizer Landwirtschaft in ihrer heutigen Form würde dem Land nichts bringen, nur Kosten verursachen.
Die offiziellen Ausgaben für die Agrarpolitik betragen rund vier Milliarden Franken, rechnet Avenir Suisse vor: Rund 3,8 Milliarden Subventionen zahlt der Bund jährlich. Die Kantone steuern weitere rund 300 Millionen bei: Der grösste Teil fliesst dabei ins bäuerliche Einkommen – so würde die heutige Struktur der Landwirtschaft erhalten.
«Erstmalig» habe man nun ausgerechnet, wie hoch die Kosten für das Land wirklich seien, sagt Avenir Suisse, und kommt dabei auf die enorm hohe Zahl von 20 Milliarden Franken im Jahr. Die Bauern würden Umweltschäden von fast 8 Milliarden verursachen. Durch den Grenzschutz müssten die Konsumenten viel zu hohe Lebensmittelpreise bezahlen – diese «Abschottung» würde das Land 7 Milliarden im Jahr kosten, schreibt Avenir Suisse.
Diese Kostenaufstellung mag neu sein, die Rezepte gegen diesen «Kosten-Wahnsinn» sind dann aber die alten liberalen Ansätze: Avenir Suisse fordert eine Grenzöffnung für Landwirtschaftsprodukte und die Streichung vieler Subventionen. Im Wissen, dass diese Rezepte politisch kaum mehrheitsfähig sind, stellt sich die Denkfabrik «eine stufenweise Anpassung» der heutigen Agrarpolitik vor.
Bauernverband protestiert
Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes, reagiert mit harscher Kritik. Avenir Suisse mache «reine Zahlenakrobatik». Und er frage sich, wie lange die Wirtschaft noch eine solche Denkfabrik unterstützen wolle.
«Diese Studie spielt am Schluss noch den Befürwortern der beiden Agrar-Initiativen in die Hände», empört sich Markus Ritter, denn die Rezepte von Avenir Suisse würden erst recht zu einer Industrialisierung der Landwirtschaft führen. Markus Ritters Verband hat Stimmfreigabe bei beiden Initiativen beschlossen, er selber hege aber «Sympathien» für die beiden Anliegen.
Auch die Vertreter der «Fair-Food»- und der Initiative für «Ernährungssouveränität» argumentieren ähnlich: Avenir Suisse wolle die bäuerliche Landwirtschaft in der Schweiz abschaffen, kritisiert die Allianz für Ernährungssouveränität. Man wolle die «Landwirtschaft opfern», schreibt das Fair-Food-Komitee. Das überparteiliche Komitee gegen die beiden Agrarinitiativen nahmen auf Anfrage von SRF keine Stellung zum Thesenpapier der liberalen Denkfabrik.
Sendebezug SRF 4 News, 9.00 Uhr.