Mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz wird das Songschreiben zum Kinderspiel. Einer der neuesten digitalen Musik-Generatoren ist Suno.Ai. Mit ihm lassen sich auf Knopfdruck potenzielle Hits erzeugen: gewünschter Text eingeben, Musikstil wählen, «create» drücken - und nach 30 Sekunden schlägt die Software zwei Songvarianten vor.
Es kommt erstaunlich nahe an etwas heran, das von Menschen gemacht ist
«Crazy! Es kommt erstaunlich nahe an etwas heran, das von Menschen gemacht ist», sagt SRF-Musikberater und Musiker James Varghese bei einem Selbstversuch. Die Software spuckt eingängige Melodien aus. Die Texte ergeben ebenfalls Sinn, auch wenn sie manchmal Fehler enthalten und die Tonqualität den Musiker nicht immer überzeugt.
Doch solche neuartigen Tools könnten zur Bedrohung für die Industrie werden.
Einnahmen von Musikschaffenden könnten wegbrechen
Der Schweizer Musiker Marc Sway sieht sich selbst zwar nicht direkt von der Musik-KI bedroht, doch er spricht für diejenigen, welche weniger im Rampenlicht stehen und im Hintergrund Texte oder Musik schreiben: «Sie müssen in Zukunft von ihrem Handwerk leben und dafür entlohnt werden».
Musikschaffende müssen in Zukunft von ihrem Handwerk leben und dafür entlohnt werden.
Sway befürchtet, dass dies schon bald nicht mehr der Fall sein könnte.
Die deutschen und französischen Musik-Verwertungsgesellschaften teilen diese Befürchtung. 71 Prozent ihrer Mitglieder sehen sich in ihrer Existenz bedroht, wie eine Studie zeigt. In den nächsten fünf Jahren könnten 27 Prozent der Einnahmen von Musikschaffenden wegfallen.
Dies, wenn die Komponisten und Rechteinhaberinnen nicht an den Erlösen von KI-Musik beteiligt würden. Die Branche sieht alleine in Deutschland und Frankreich etwa 950 Millionen Euro urheberrechtlicher Tantiemen in Gefahr.
Das träfe wohl auch für die Schweiz zu, sagt Andreas Wegelin, Geschäftsführer der Suisa, die hierzulande die Urheberrechte vertritt. Zunächst sei vor allem weniger komplexe Musik betroffen – Produzenten von sogenannter Liftmusik – welche KI praktisch gratis herstellen kann.
Protest von Billie Eilish und Stevie Wonder
Angesichts des raschen technologischen Fortschritts von KI-Musik wehren sich auch US-Weltstars. In einem offenen Brief fordern 200 Unterzeichnende, darunter auch Billie Eilish und Stevie Wonder in einem offenen Brief, dass KI-Entwickler und Musikplattformen keine Technologien entwickeln sollen, die die Leistung von Künstlerinnen untergraben oder gar ersetzen.
KI böte zwar grosses kreatives Potenzial, doch einige Plattformen missachteten die Rechte der Musikschaffenden.
Megastar Will.i.am sagte am WEF gegenüber SRF, die Technologie berge viele Chancen. Aber: «mich besorgen die Gier und undurchsichtige Geschäftspraktiken.»
Mich besorgen die Gier und undurchsichtige Geschäftspraktiken.
Die Tools werden mit Millionen von realen Songs «gefüttert», Transparenz darüber gibt es aber kaum. Unklar ist auch, wer die Rechte an den KI- Musikstücken besitzt.
Die Suisa fordert deshalb, dass Musikschaffende mitbestimmen können, ob ihre Werke von KI-Tools verwendet werden dürfen. Keine einfache Angelegenheit. Die KI-Musik-Unternehmer operieren weltweit.
Bald ein Nummer-1-Hit von KI?
Marc Sway hält es für möglich, dass künstliche Intelligenz bald auch einen Nummer-1-Hit komponiert, allerdings nur dank der «Fütterung» mit Originalsongs.
Er hofft, dass menschliche Kreativität weiterhin gefragt bleibt. «Doch die Gefahr besteht, dass KI-Musik den Markt überschwemmt und es immer schwieriger wird, mit eigener Kunst und mit Herzblut herauszustechen.»
Die Gefahr besteht, dass KI-Musik den Markt überschwemmt und es immer schwieriger wird, mit eigener Kunst, mit Herzblut herauszustechen.»
Mensch versus Maschine. Der Ausgang des Rennens ist ungewiss.