Die Börsen konnten in den letzten zwölf Monaten in weiten Teilen der Welt kräftig zulegen. Dahinter steckten vor allem zwei Treiber: Die Weltwirtschaft erholte sich von den ersten Pandemiewellen. Und die lockere Geldpolitik der Notenbanken versorgte die Finanzmärkte mit Geld im Überfluss.
Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer der Raiffeisen-Gruppe, sagt: «Es war ein sehr starkes Börsenjahr, wenn man das historisch anschaut.» So habe man seit der Jahrtausendwende im Swiss Performance Index SPI durchschnittlich 5.5 Prozent pro Jahr verdienen können. In diesem Jahr seien es aber über 20 Prozent.
Schweiz hat Nase fast vorn
Der Schweizer Aktienmarkt habe sich auch im Vergleich zum Ausland sehr gut entwickelt. «Einzig der US-Aktienmarkt hat in diesem Jahr noch besser performt», so Geissbühler. «Die Schweizer Börse hat damit besser abgeschnitten als die europäischen Aktienmärkte, und auch deutlich besser als die Börsen in den Schwellenländern.»
Einzig der US-Aktienmarkt hat in diesem Jahr noch besser performt.
Grund sind nicht zuletzt die Börsenschwergewichte Nestlé und Roche: Beide haben 2021 mit guten Geschäftszahlen brilliert, die Aktien legten entsprechend kräftig zu.
In Fernost hingegen harzte das Börsengeschäft. So hätten China und Hongkong 2021 gar Verluste verbucht, sagt Geissbühler. «Da spielte die Regulierung in China gegenüber den Tech-Firmen eine Rolle, aber sicher auch die Abschwächung am Immobilienmarkt.» Letzteres hängt mit dem chinesischen Immobilien-Koloss Evergrande zusammen, der in akute Finanznöte geraten ist.
Bodenhaftung verloren
Allgemein war 2021 einiges los an den Finanzmärkten. So sagt Geissbühler zu den getätigten Firmenübernahmen: «2021 sieht es nach einem Rekordjahr aus.» Da rechne man mit einem Transaktionsvolumen von fast 5 Billionen US-Dollar. Ähnlich sehe es bei Börsengängen aus. «Da sind in diesem Jahr etwa 2400 Firmen neu an die Börse gegangen und haben fast 500 Milliarden US-Dollar an Kapital aufgenommen.» Auch das wäre laut Geissbühler ein Rekord.
2021 sieht es nach einem Rekordjahr aus.
Allerdings fällt auf: Die Börsen haben sich von der realen Wirtschaft losgelöst. Der Anlagechef von Raiffeisen beobachtet: «Die Weltwirtschaft befindet sich jetzt in etwa wieder auf dem Niveau von Ende 2019, vielleicht leicht darüber, während die Aktienmärkte teilweise deutlich höher notieren als vor der Pandemie.»
Die Märkte haben sich von den sogenannten Fundamentaldaten, also vom Gang der realen Wirtschaft, entkoppelt. Oder anders formuliert: Die Börsen haben wohl etwas die Bodenhaftung verloren. Dies schlicht, weil vielen Investorinnen und Grossanlegern Alternativen zu Aktien fehlen.