Solarmonteure haben viel zu tun auf Schweizer Dächern. Sonnenenergie ist gefragter denn je. Die Nachfrage übersteigt das Angebot – bei Solarmodulen aus China.
Kunden müssen bis zu einem halben Jahr warten, sagt Lukas Meister. Seine Firma Clevergie ist auf Produkte für erneuerbare Energien spezialisiert. «Es kann auch sein, dass überhaupt kein Liefertermin genannt wird, weil die Situation zu unsicher ist». Unsicher, weil die Lieferketten wegen der Corona-Situation in China noch immer unterbrochen sind. Zudem benötigt China die Module selbst in grossen Mengen. Das Land setzt auch zunehmend auf die Sonne als Energielieferanten.
China als Klumpenrisiko
Schweizer Solarprodukt-Hersteller produzieren zwar hochwertige Solarmodule in der Schweiz. Doch ohne China ginge nichts. Fast alle Solarzellen und auch der Rohstoff Silizium, den man für dafür benötigt, stammen aus China.
Zudem gab es Kritik an der Solarindustrie in der Region Xinjiang, wegen Zwangsarbeit bei der Gewinnung der Rohstoffe und der Herstellung des Polysiliziums für die Zellen.
«Ich erachte die Abhängigkeit von China als kritisch», sagt Lukas Meister. «Die Abhängigkeit von Solarmodulen aus Asien ist fast höher als bei Erdölprodukten in anderen Ländern.»
Ich erachte die Abhängigkeit von China als kritisch.
Auch die Firma 3S in Thun ist abhängig von China. Das Unternehmen produziert individualisierte Solarmodule, die – ins Hausdach integriert – auch als Ziegel dienen. Die Module werden im eigenen Werk hergestellt. Die Produktion wachse jährlich um 30 Prozent. Doch die Zellen stammen auch aus China.
«Wenn wir aus irgendeinem Grund keine chinesischen Waren mehr haben und die Industrie in Europa noch nicht aufgebaut ist, können wir keine weiteren Solarprodukte herstellen», sagt Patrick Hofer-Noser, Geschäftsführer von 3S.
Eine Frage der Grösse
Die Firma Megasol Energie aus Deitingen SO erwähnt gerne ihre Leuchtturm-Projekte in Basel: Beim Amt für Energie und Umwelt oder bei Coop, wo ganze Fassaden mit Solarmodulen verbaut wurden, die als solche optisch kaum erkennbar sind. Doch auch dieses Unternehmen stünde ohne China still. Megasol produziert Standardmodule ebenfalls in China, im eigenen Werk.
Man könne die Solarindustrie, die nach 2010 von Europa nach China abgewandert ist, wieder zurückholen, meint Megasol-Mitgründer Daniel Sägesser. Doch es wäre eine Herausforderung, eine grosse Industrie neu anzusiedeln. «Das wäre in den ersten Jahren mit massiven Investitionen verbunden, die man nicht am Markt amortisieren kann», meint Sägesser.
Meyer Burger will Produktion zurückholen
Das Schweizer Solar-Unternehmen Meyer Burger schreibt seit 10 Jahren rote Zahlen. Die Produktion von Solarmodul-Maschinen hat das Unternehmen aufgegeben, nun will man den Kampf gegen die Solarmacht China aufnehmen.
Seit 2021 produziert Meyer Burger Solarmodule und -zellen in Deutschland. Noch nicht in grossen Mengen, doch das soll sich bald ändern.
Unterstützt mit Fördergeldern der EU. Auch das Silizium stammt aus Europa.
Die chinesische Solarindustrie habe den Vorteil eines geschlossenen Ökosystems von Zulieferern, sagt Gunter Erfurt, Geschäftsführer von Meyer Burger. «Das ist in Europa noch nicht der Fall.» Sein Unternehmen habe aber grosse Pläne, es will zum «Gigawatt-Spieler» werden. Dafür müssten in Europa auch die Lieferketten aufgebaut werden. «Es ist alles noch vorhanden, die Wurzeln sind noch da, und man muss jetzt die Pflänzchen giessen, damit sie wieder schön und gross werden», sagt Erfurt.
Schweizer Solarindustrie will Standortförderung
3S-Geschäftsführer Patrick Hofer-Noser begrüsst solche Pläne. «Die Frage wird sein, was die Schweiz macht?». Der Standort Schweiz könne mit Forschung an ihren Hochschulen punkten und auch mit innovativen Solar-Startups.
Doch es brauche noch mehr, sagt David Stickelberger, Geschäftsführer von Swissolar. Industriepolitik sei notwendig, also Standortförderung, damit sich mehr Solarunternehmen in der Schweiz ansiedeln.
Eine umstrittene Forderung, vor allem in bürgerlichen Kreisen. Der Weg zu einer konkurrenzfähigen europäischen Solarindustrie steht noch am Anfang.