Elf Jahre lang hat Boris Zürcher als Leiter der Direktion für Arbeit im Seco die Entwicklung des Schweizer Arbeitsmarktes begleitet. Per Ende 2024 tritt er von seinem Amt zurück und wird an der ETH Zürich eine neue berufliche Herausforderung annehmen.
SRF News: Wie hat sich der Arbeitsmarkt seit Ihrem Amtsantritt 2013 verändert?
Boris Zürcher: Als ich 2013 angefangen habe, pendelte die Arbeitslosenquote um die drei Prozent. Dann kam der grosse Schock – die Covid-Pandemie. Und heute sind wir eher bei zweieinhalb Prozent. Also wir sehen: Der Arbeitsmarkt ist im Moment in einer sehr guten Verfassung. Wir haben eine Entspannung am Arbeitsmarkt.
Was war im Rahmen Ihrer Tätigkeit das prägendste Ereignis?
Das prägendste Ereignis war zweifellos die Covid-Pandemie.
Die Arbeitslosigkeit dürfte weiterhin unter drei Prozent liegen.
Wie wird sich die Arbeitslosigkeit längerfristig verändern?
Solange wir in der Schweiz ein gutes Wirtschaftswachstum haben und die Konjunktur läuft, sehe ich keine dunklen Wolken am Horizont. Die Arbeitslosigkeit dürfte weiterhin unter drei Prozent liegen. Ich glaube, die Schweizer Bevölkerung hat eine sehr starke Aversion gegen hohe Arbeitslosigkeit. Das hat sicher auch damit zu tun, dass wir eine starke Zuwanderung haben.
Welche längerfristigen Trends sehen Sie im Arbeitsmarkt?
Ich sehe vier Trends. Zuerst einmal die Demografie. In wenigen Jahren werden sich die ganz grossen Jahrgänge aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen. Schon heute ist es so, dass weniger Junge nachrücken, als Ältere in Rente gehen.
Dann ist da der technologische Fortschritt. Das ist eine Konstante in den letzten Jahrzehnten. Aktuell mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung. Ein weiterer Trend ist die sogenannte Tertiärisierung. Das heisst, dass vor allem die Dienstleistungsbereiche stellenmässig wachsen. Damit eng verbunden ist der Trend der Feminisierung der Arbeitswelt. Also, dass mehr Frauen im Arbeitsmarkt integriert sind.
Die Konjunktur ist der Treiber der Arbeitsmarktentwicklung und wir haben im Moment eine sehr gute Konjunktur.
Welche Rolle spielen ausländische Arbeitskräfte im Schweizer Arbeitsmarkt?
Eine ganz entscheidende Rolle. Der Schweizer Arbeitsmarkt, wenn man die letzten zehn Jahre anschaut, hat 640’000 zusätzliche Stellen geschaffen. Das übersteigt das demografische Potenzial der Schweiz. Natürlich kann man eine bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräfteangebotes anstreben. Aber die Schweiz wird auch schon rein aus demografischen Gründen auf die Zuwanderung angewiesen bleiben und daher ist sie ein wichtiger Teil des Wohlstandes auch für die Schweiz.
Welches allgemeine Fazit zu Ihrer Amtszeit würden Sie ziehen?
Wir haben keinen grossen Einfluss auf die Konjunktur. Das ist halt einfach so. Man schreibt uns das oft zu, aber dem ist nicht so. Die Konjunktur ist der Treiber der Arbeitsmarktentwicklung und wir haben im Moment eine sehr gute Konjunktur.
Das Gespräch führte Claudia Pfister.