Der jüngste Auslöser der Debatte: Der deutsche Energiekonzern RWE will weite Teile des Hambacher Forsts im Bundesland Nordrhein-Westfalen abholzen, um dort Braunkohle abbauen zu können. Umweltaktivisten wollen das verhindern: Sie haben sich im Wald verschanzt. Bei einer Räumungsaktion der Polizei ist am Mittwoch ein Journalist ums Leben gekommen. Er brach durch die Bretter einer Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern und stürzte 15 Meter in die Tiefe. Die Räumung wurde daraufhin vorübergehend gestoppt.
Der Standpunkt des Energiekonzerns: RWE beharrt darauf, Nachschub an Braunkohle zu brauchen, um die Sicherstellung der Stromversorgung und tausende Arbeitsplätze zu garantieren. Das Unternehmen will deshalb das Waldstück bei Köln so bald wie möglich roden. Starttermin ist im Oktober. «Warnungen vor Stromengpässen sind mit Vorsicht zu geniessen», sagt Klaus Ammann, Wirtschaftsredaktor bei SRF. Denn bei den erneuerbaren Energien seien grosse Fortschritte im Gang. «Auch die Speichertechnologie sollte nicht unterschätzt werden.» Zu einer echten Versorgungslücke sei es bisher noch nicht gekommen. Und RWE, derzeit noch einer der grössten Kohlerverstromer Europas, sei zudem selbst daran, auf erneuerbare Energien umzusteigen.
Die Sicht der Umweltschützer: Aktivisten, die zum Teil seit acht Jahren in den Baumhäusern im Hambacher Forst leben, haben kein Verständnis für die polizeiliche Räumung mit einem riesigen Aufgebot an Räumfahrzeugen und Hebebühnen. Einer fragt: «Die letzten Ressourcen herauszureissen, die letzten Urwälder und seltenen Arten zu zerstören, und das für die dreckigste Energiegewinnung, die es gibt, und die wir eigentlich nicht mehr benötigen?»
Die Bedeutung der Braunkohle: Ein Viertel der deutschen Stromversorgung stammt aus Braunkohle – hinzu kommt die Steinkohle, die rund zwölf Prozent beisteuert. Von heute auf morgen auszusteigen, wäre natürlich schwierig, sagt Wirtschaftsredaktor Ammann. «Aber davon spricht ja niemand.» Vorgesehen ist, dass das letzte deutsche Braunkohlekraftwerk 2038 vom Netz geht. Schon 2022 soll das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet werden.
Der Widerspruch mit der Klimapolitik: Die Verbrennung von Braunkohle zählt zu den schlimmsten CO2-Verursachern, die es gibt. Auf der anderen Seite will Deutschland eine Vorreiterrolle in der Klimapolitik spielen. Im Hambacher Forst geht es also um ganz grundsätzliche Fragen: «Es ist eine Art Rückzugsgefecht, weil man merkt, die Braunkohleära geht ihrem Ende zu.»