SRF News: Sie setzen sich in der Schweiz für das Thema Kryptowährungen ein und wurden dafür an der Crypto Finance Conference in St. Moritz mit einem Preis gewürdigt. Weshalb liegt Ihnen das Thema am Herzen?
Johann Schneider-Ammann: Das Land ist gross geworden durch alles, was Innovationen bedeutet. Jetzt sind wir bei einem innovativen Moment in der Finanzwelt angekommen. Kryptowährungen sind Teil der vierten industriellen Revolution. Wir schauen, welche Möglichkeiten daraus entstehen können. Ich versuche meinerseits, die Möglichkeiten, die Risiken und die Chancen zu erkennen, und zu entscheiden: Ist das ein Business der Zukunft mit zukünftigen Jobs oder ist es das nicht? Deshalb unterstütze ich die Kreise, die sich damit beschäftigen.
Es sollten sich nur Leute mit dem Thema beschäftigen, die wissen, wie die Finanzmärkte funktionieren und die sich allenfalls einen Flop leisten können.
Kryptowährungen wie der Bitcoin schwanken sehr stark im Wert. Viele sehen darin eine Spekulationsblase und warnen davor. Wie stehen Sie dazu?
Die Währung – wenn ich dem so sagen darf – ist offensichtlich noch nicht stabilisiert. Es gibt Risiken, keine Frage. Es sollten sich nur Leute mit dem Thema beschäftigen, die wissen, wie die Finanzmärkte funktionieren und die sich allenfalls einen Flop leisten können. Wir sind in einer Anfangsphase mit besonderen Risiken, aber wenn wir keine Risiken mehr einzugehen bereit sind, eröffnen wir auch keine Chancen mehr. Und ich will mithelfen, Chancen zu eröffnen.
Es gibt Experten, auch Banken, die davor warnen, dass Kryptowährungen nur ein Hype seien. Wie stehen Sie dazu?
Das ist eine fachmännische Beurteilung, wenn sie aus den direkt betroffenen Kreisen kommt. Ich höre aber auch andere Stimmen und versuche, sowohl die warnenden, wie auch die etwas mutigeren Stimmen zu verstehen und zu werten – und dann meine Schlüsse daraus ziehen.
Ich versuche, sowohl die warnenden, wie auch die etwas mutigeren Stimmen zu verstehen und zu werten.
Nun hat der Bund dazu eine Arbeitsgruppe gegründet mit Vertretern des Staatsekretariats für internationale Finanzfragen SIF, der Finanzmarktaufsicht Finma und des Bundesamtes für Justiz. Was erwarten Sie von dieser Arbeitsgruppe?
Von dieser Arbeitsgruppe wird erwartet, dass sie sich mit der Thematik kritisch auseinandersetzt, dass sie Hinweise bringt, wo man aufpassen muss, und dass sie Empfehlungen abgibt, wohin allenfalls neue Wege hinführen könnten.
Sehen sie zum jetzigen Zeitpunkt auch schon Regulierungsbedarf bei den Kryptowährungen?
Es ist zu früh. Wir haben in den letzten Monaten mehrfach gesagt, dass es noch nicht der Zeitpunkt ist, um etwas vorzugeben, was eine klare Einschränkung bedeuten würde. Die Erfahrung ist noch etwas zu gering. Aber es gibt so peu à peu Anzeichen, in welche Richtung es gehen kann, die Expertenmeinungen bekommen Kontur. Damit werden die Grundlagen gelegt, um dann zu legiferieren, soweit das möglich ist.
Es ist noch nicht der Zeitpunkt, um etwas vorzugeben, was eine klare Einschränkung bedeuten würde.
Aber in Richtung China wird es nicht gehen? Da gibt es jetzt ja ganz restriktive Verbote.
Wir sind wir. Unsere Zukunft müssen wir selbst bestimmen wollen und können. Wir machen unsere Erfahrungen und selbstverständlich machen wir Quervergleiche mit den Nachbarn und den fernen Konkurrenten. Vor allem sind wir nicht naiv: Wir machen das, was wir als nachhaltig und zukunftsträchtig feststellen können, mit aller Energie und mit Freude – und alles, was kritisch wirkt, was zu viel Risiko bedeuten könnte, auf das verzichten wir dann gerne.
Sie haben ja in ihrer Rede an der Crypto Finance Conference auch ein ganz konkretes Ziel formuliert: In etwa fünf bis zehn Jahren soll die Schweiz die Krypto-Nation sein.
Der Kanton Zug, das Cryptovalley, ist weit vorangekommen. Dort können wir Erfahrungen sammeln. Wenn die Erfahrungen in Zug positiv sind, können wir das auf die Nation ausdehnen. Deshalb die Aussage: Es braucht nicht beim Cryptovalley zu bleiben, es soll die Krypto-Nation werden.
Das Gespräch führte Simona Caminada.