«Plötzlich werden die Regeln im laufenden Spiel geändert. Das stört uns sehr», so die Worte von Stefan Brupbacher, Direktor des Industrieverbands Swissmem. Er meint die Regeln bei Rüstungskäufen im Ausland. Bisher verlangte die Schweiz dabei 100 Prozent Gegengeschäfte. Bei den neuen Kampfjets sollen es nur noch 60 Prozent sein.
Das sei klar eine Verletzung von Treu und Glauben, sagt Stefan Brupbacher. Als die Flugzeughersteller Ende Januar ihre ersten Offerten eingereicht haben, seien sie noch von 100 Prozent Offset- oder Kompensationsgeschäften ausgegangen.
Bundesrätin Viola Amherd reagiert im «ECO»-Studio entspannt auf die Vorwürfe der Industrie: Der Bundesrat habe in seiner Rüstungspolitik schon länger festgelegt, dass Kompensationsgeschäfte in der Regel 100 Prozent betragen sollen. «Das heisst, man kann auch davon abweichen.»
Sinn und Zweck dieser Kompensationsgeschäfte sei es, die sicherheitsrelevante Industrie- und Technologiebasis zu stärken, «und nicht einfach Subventionen allgemein für die Wirtschaft auszuschütten», so Viola Amherd.
Die VBS-Vorsteherin stützt sich auf einen in ihrem Auftrag erstellten Bericht. Dessen Verfasser Kurt Grüter, ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle, führt auch Kostengründe als Argument an:
«Kompensationsgeschäfte sind eine Auflage, und jede Auflage hat ein Preisetikett. Wenn sie Auflagen an ausländische Hersteller machen, erhöht dies den Preis.» Das heisse: mit den Steuergeldern, mit denen man effektiv und effizient umgehen sollte, könnten weniger Rüstungsgüter gekauft werden, so Grüter.
Chancen für KMU im globalen Geschäft
Swissmem dagegen spricht von einem Nullsummenspiel. Durch Gegengeschäfte entstünden neue Steuereinnahmen. Vor allem aber seien indirekte Offsetgeschäfte im nicht-sicherheitsrelevanten Bereich eine Möglichkeit, dass KMU in die globalen Produktionsketten hineinkommen. «Sie haben sonst nie die Möglichkeit, bei diesen Grosskonzernen einen Fuss in die Tür zu bekommen», so Stefan Brupbacher von Swissmem.
Keine Industriepolitik durch Rüstungsgeschäfte
Auch hier vertritt Armeechefin Viola Amherd eine gegenteilige Position. Industrie- und Regionalpolitik solle man nicht über ein Rüstungsgeschäft betreiben. «Unternehmen, die gesund und wirklich gut sind im Bereich der Spitzentechnologie, die brauchen das im Grundsatz gar nicht.»
Dies höre sie von vielen Wirtschaftsvertretern. Und: «Die begrüssen die Reduktion auf 60 Prozent.» Viola Amherd glaubt denn auch nicht, dass sie bei den Politdebatten im Herbst die Wirtschaft gegen sich haben wird.
Sie müsse darlegen, dass alles transparent und korrekt abläuft, und mit 60 Prozent sei das gewährleistet. «Und ich möchte den Wirtschaftsverband sehen, der gegen ein Investitionsvolumen von drei Milliarden für Schweizer Unternehmen antritt.»