Über Jahre hat Novartis in den USA zehntausende Ärzte bestochen, die als Gegenleistung ihren Patienten Novartis-Medikamente unter anderem gegen Bluthochdruck und Diabetes verschrieben haben.
Solche Nachrichten sind nichts Aussergewöhnliches, und der Basler Pharmamulti ist sicher auch kein Einzelfall. Seit Jahrzehnten bewegt sich die enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pharmakonzernen in einer rechtlichen Grauzone. Es liegt an den Pharmafirmen, für Transparenz zu sorgen. Doch das tun sie nicht.
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Es war ein Paukenschlag, als die Schweizer Pharmaindustrie 2004 ihren revidierten Verhaltenskodex vorstellte: Interessenskonflikte zwischen Herstellern und Ärzten sollte es nicht mehr geben. Der Kodex schwor, die Mitglieder hielten sich an «ethische und lauterkeitsrechtliche» Standards - unabhängig der Pflicht, staatlich anwendbares Recht einzuhalten.
Es war eine lautstarke Imagekampagne der Pharmalobby – auch als Antwort auf die bereits überlaute, weltweite Kritik an der korrumpierenden Geschäftspraxis der Heilmittelbranche. Eine zelebrierte Selbstregulierung – denn seit jeher bekämpfte Big Pharma weltweit Transparenzbemühungen auf Gesetzesebene, wo sie nur konnte.
Bussen zeigen wenig Wirkung
Trotz Marketinganstrengungen der globalen Pharmamultis kam es in den vergangenen 15 Jahren immer wieder zu Schmiergeldzahlungen an Ärzte. Die Bussen, die diese zur Folge hatten, entfalteten kaum eine abschreckende Wirkung.
Inzwischen ist die Selbstregulierung in diesem Geschäftsbereich weltweit zur Farce verkommen. Pharmafirmen – auch in der Schweiz – zahlen Jahr für Jahr Millionen an Ärzte, Organisationen und Spitäler. Sie laden Ärzte zu Kongressen, bezahlen Beraterhonorare, kommen für Reisespesen, Übernachtungen oder Essen auf. Nicht immer ist der Hintergrund dieser Zahlungen klar. Transparenz geht anders.
In den USA hatte die Regierung unter Barack Obama ein Gesetz beschlossen, das die Veröffentlichung der Pharmazahlungen an Ärzte zwingend festschreibt. Seit 2013 ist dieses Gesetz in Kraft. Firmen müssen Zahlungen an Ärzte offenlegen. Patienten können auf einer Website nachschauen, welches Unternehmen wie viel an welchen Arzt bezahlt.
Auf öffentlichen Druck hin werden diese Zahlungen gemäss Pharma-Kooperations-Kodex (PKK) seit ein paar Jahren in der Schweiz veröffentlicht. Jedes Unternehmen macht das für sich. Nicht immer ganz übersichtlich und nicht überprüfbar.
Die Selbstregulation der Branche hat versagt
In der Schweiz hat das Parlament das Heilmittelgesetz mittlerweile massiv verschärft. Um Korruption zu verhindern, regelt es die Zusammenarbeit zwischen Pharmavertretern und Ärzten bis ins letzte Detail – übertriebenermassen, muss man sagen. Es trat im Januar in Kraft. Offenbar geht es nicht anders.
Das neue Heilmittelgesetz ist eine Bankrotterklärung für die Selbstregulierung der Pharmabranche. Sie hätte es all die Jahre in der Hand gehabt, für ausreichende Transparenz zu sorgen. Im Übrigen wird aufgrund des neuen Heilmittelgesetzes auch der Verhaltenskodex der Pharmabranche auf Januar 2021 erneut angepasst. Auch Novartis hat diesen Kodex mitunterzeichnet.