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Widerstand gegen TTIP und Ceta.
Legende: Anti-Ceta-Protest vor dem Büro des belgischen Premiers in Brüssel. Widerstand gegen TTIP inklusive. Keystone

Wirtschaft Ceta-Blockade bringt grössere Freihandelspläne in Gefahr

Das von den Wallonen blockierte Ceta-Abkommen mit Kanada verheisst für die EU nichts Gutes für weitere, wesentlich komplexere Freihandelsverträge. Allen voran das TTIP-Abkommen mit den USA ist beidseits des Atlantiks ohnehin enorm umstritten, wie SRF-Wirtschaftsredaktorin Maren Peters erklärt.

Ein Ende der Hängepartie beim Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) ist nicht in Sicht. Der für Donnerstag geplante Gipfel müsste dann verschoben werden. Ein Scheitern von Ceta hätte bedeutende Folgen für andere geplante Freihandelsabkommen, sagt SRF-Wirtschaftsredaktorin Maren Peters.

Was macht die Verhandlungen bei Ceta-Abkommen dermassen schwierig?

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Ganz klar die Tatsache, dass eine kleine Region Belgiens mit gerade einmal dreieinhalb Millionen Einwohnern ein grosses internationales Freihandelsabkommen ausbremsen kann, an dem 500 Millionen Menschen hängen. Nur wegen des Einspruchs des wallonischen Regionalparlaments droht die für Donnerstag geplante Unterzeichnung dieses Handels- und Investitionsabkommens zu scheitern. Aus Sicht der gesamten EU und aus Sicht Kanadas ist das eine Ungeheuerlichkeit. Das hat es noch nie gegeben. Die EU muss nun schauen, dass die Wallonen durch Zugeständnisse so besänftigt werden, dass sie am Ende vielleicht doch noch zustimmen.

Sind die Bedenken der Wallonen aus ökonomischer Sicht verständlich?

Nur ein Teil der Bedenken ist ökonomischer Natur. Das betrifft zum Beispiel die Bedenken der Regionalregierung, dass Ceta die belgischen sozialen Umweltstandards aushöhlen und die Sozialversicherung sowie die Landwirtschaft der Wallonie schwächen könnte. Das ist durchaus möglich. Die EU-Kommission versucht diese Bedenken zurzeit durch Zugeständnisse zu zerstreuen. Daneben gibt es das wachsende allgemeine Unbehagen in der Bevölkerung gegen die Globalisierung insgesamt. Ein Grossteil der wallonischen Bürger sieht sich als Verlierer der Globalisierung. Die Gegend rund um Lüttich und Charleroi war einst eine blühende Industrieregion. Heute beträgt die Wirtschaftsleistung pro Kopf nur noch 85 Prozent des EU-Durchschnitts.

Und es stimmt: Die Globalisierung hat viele einfache Arbeitsplätze in den Industrieländern vernichtet. Nicht nur in der Wallonie. Weil Arbeit in Billiglohnländer verlagert wurde. Aber es sind die einzelnen Länder, die es vielfach versäumt haben, diese betroffenen Leute weiterzubilden oder für eine soziale Abfederung zu sorgen. Insgesamt hat die Globalisierung mehr Wohlstand gebracht. Der ist aber allzu ungleich verteilt worden.

Ist das Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, ein Problem bei den Verhandlungen über Ceta?

Ja, absolut. Wenn Ceta scheitert, dürften es die noch viel grösseren und komplexeren Freihandelsabkommen noch schwerer haben als ohnehin schon. Da ist nicht nur TTIP zwischen der EU und den USA, sondern auch TPP zwischen den USA und Asien. Die grundsätzliche Ablehnung beider Abkommen in der Bevölkerung ist gross. In den USA sogar so gross, dass beide Präsidentschaftskandidaten sich gegen diese Abkommen ausgesprochen haben.

Aber auch in Europa gibt es heftigen Widerstand gegen TTIP, vor allem in Deutschland und Österreich. Nach den Problemen bei Ceta dürfte es sehr schwer werden, diese Abkommen fertig zu verhandeln. TTIP sollte eigentlich Ende Jahr fertig sein. Dieser Termin ist gerade offiziell verschoben worden. Allerdings auch wegen grosser inhaltlicher Differenzen. Die EU ist als Institution geschwächt und daher in einer schwierigen Verhandlungsposition.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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