Alleine in den letzten zwei Wochen wurde Uran 50 Prozent teurer – ein Pfund kostet nun 50 Dollar, so viel wie letztes Mal 2014.
Für den steilen Anstieg mitverantwortlich seien Finanzinvestoren, sagt Nick Lawson von der Londoner Handelsfirma Oceanwall. Dasselbe Szenario habe man 2006 schon erlebt. Damals schoss der Preis für Uran von 20 auf 137 Dollar pro Pfund hoch. «Die Rally hat erst gerade begonnen. 2007 wurde Uran in weniger als einem Jahr siebenmal teurer. Jetzt hat sich der Preis erst verdoppelt. Ich glaube, Uran wird noch viel teurer.»
Eine wichtige Rolle im Uranmarkt spielt die kanadische Sprott Asset Management. Sprott kauft seit dem Sommer für Anleger physisches Uran. Bereits liegen 23'000 Tonnen davon in Lagern in Frankreich, Kanada und den USA. CEO John Ciampaglia setzt auf Uran.
Ciampaglia geht davon aus, dass nur Nuklearenergie vorübergehend das Energieloch stopfen könne, das der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen hinterlasse: «Die CO2-Ziele vieler Länder für 2050 sind aggressiv. Immer mehr Regierungen realisieren, dass Atomstrom Teil der Lösung sein muss, will man die Ziele erreichen.»
Die World Nuclear Association rechnet damit, dass wegen des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen bis 2040 fast 135'000 Tonnen Uran jährlich gebraucht werden. Heute sind es 81'000 Tonnen. Das sei schon mehr, als heute aus den Minen geholt würde, sagt der unabhängige Finanzanalyst Larry McDonald. Der Markt sei bereits jetzt unterversorgt: Grosse Anleger hätten das kommen sehen und schon vor Monaten begonnen, Uran zu kaufen.
Weltweit sind zurzeit 54 Kernkraftwerke im Bau. Der Preisanstieg habe deshalb auch sein Gutes, sagt Lawson. Je teurer Uran, desto eher lohne es sich, geschlossene Uranminen wieder zu öffnen. Denn grundsätzlich gebe es genug Uran auf der Welt.
Auch Ciampaglia sieht steigende Uranpreise als notwendige Bedingung, um die Welt mit genügend Uran zu versorgen: «Der Preis muss steigen, damit die Minenfirmen genügend Anreize haben, mehr Uran zu fördern. Steigt der Preis nicht an, werden Rohstofffirmen weiterhin zu wenig Uran aus dem Boden holen.» Und das würde den Uranpreis erst Recht in die Höhe katapultieren, weil Angebot und Nachfrage noch stärker aus dem Gleichgewicht gerieten.
Der steile Preisanstieg in sehr kurzer Zeit ruft auch Kritiker auf den Plan, die fürchten, Finanzinvestoren könnten den Markt monopolisieren. Ciampaglia hält das für Unsinn: «Märkte brauchen verschiedene Teilnehmer. Gerade bei Rohstoffen gibt es Endnutzer, Spekulanten, Investoren, Händler. Sie alle sorgen dafür, dass Märkte liquide sind und es genug Informationen gibt.»
Atomkraftwerke müssen Uran besitzen. Es gibt keine Alternative dazu. Der Preis ist dabei fast egal.
Auch Finanzanalyst McDonald hält es für zu einfach, mit dem Finger auf die Finanzgemeinde zu zeigen. Der Uranpreis werde vom Ausstieg aus den fossilen Energien angetrieben. In den letzten 18 Monaten sei es faktisch unmöglich geworden, für Kohle-, Öl- und Gasprojekte Kapital zu finden. Die Energieengpässe, die sich dadurch auftäten, müsse man vorübergehend mit Nuklearenergie schliessen.
Für die rund 450 Atomkraftwerke in aller Welt, die heute 10 Prozent des Stromes liefern, sind höhere Uranpreise grundsätzlich kein Problem. Das Metall nicht zu kriegen, wäre eins, sagt Lawson: «Atomkraftwerke müssen Uran besitzen. Es gibt keine Alternative dazu. Der Preis ist dabei fast egal, weil die Kosten für das Uran nur rund 5 Prozent der Betriebskosten ausmachen.»
Betriebsunterbrüche wegen fehlenden Urans hingegen würden ein Vielfaches kosten. Auch die AKW-Betreiber sind deshalb nicht ganz unglücklich über die Preisrally.