Der Bundesrat bereitet vorsorglich die Ausweitung der Zertifikatspflicht vor – unter anderem könnte diese auch für den Innenbereich von Restaurants, Bars und Cafés eingeführt werden.
Wer etwa einen Test macht für ein Covid-Zertifikat, muss diesen ab Oktober selbst bezahlen. Die Begründung: Alle Personen, die sich impfen lassen wollen, konnten das inzwischen tun. Es sei nun nicht mehr Aufgabe der Allgemeinheit, die Testkosten für Personen zu übernehmen, die weder geimpft noch genesen sind.
Die Vernehmlassung mit den Kantonen läuft bis zum 31. August, danach droht beim Restaurantbesuch eine Zweiklassengesellschaft – je nach Sichtweise, denn die Meinungen dazu gehen selbst innerhalb der Gastrobranche stark auseinander.
Arg gebeutelte Gastronomie
Rudi Bindella, Verantwortlicher beim Gastrounternehmen Bindella, ist gegen eine Zertifikatspflicht. «Für uns sind Gäste, Gäste. Bei uns sind alle gleich – ob geimpft oder ungeimpft, alle sind willkommen.» Die Gastronomie sei in der Vergangenheit schon arg gebeutelt worden. Auf der einen Seite seien all die Regulierungen und Auflagen gekommen, zusammen mit den Schliessungsmonaten. Das habe die Branche durcheinandergewirbelt.
Für uns sind Gäste, Gäste – ob geimpft oder ungeimpft, alle sind willkommen.
Nach einem erfreulichen Sommer stehe jetzt ein turbulenter Herbst und Winter vor der Tür. «Für uns sind diese kalten Tage sehr wichtig, weil wir da unsere Umsätze fahren», sagt Bindella. Aktuell seien fast 50 Prozent der Gäste noch nicht geimpft. Für Bindella sind das zu viele, denn der eigene Betrieb sei auf diese Leute angewiesen. Und die Zertifikatspflicht wäre mit einem erheblichen Zusatzaufwand für die Restaurants verbunden, denn es braucht Kontrollen: «Wir Gastronomen sehen uns halt nicht als Polizei, wir verbreiten Lebensfreude.»
Mehr oder weniger Gäste?
Rückendeckung erhält Bindella vom Präsidenten von Gastrosuisse: «Eine Ausweitung des Covid-Zertifikats würde zu einer Spaltung der Gesellschaft führen», sagt Casimir Platzer. Rund 50 Prozent der Bevölkerung würden von einem wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen.
Eine solche Massnahme bedeutet eine massive Senkung des Gästepotenzials.
Hinzu kommt, dass viele Betriebe massive Umsatzeinbussen erleiden würden. «Eine solche Massnahme bedeutet eine massive Senkung des Gästepotenzials», so Platzer weiter. Das Gastrogewerbe dürfe von Bund und Kantonen nicht dafür missbraucht werden, die Impfquote zu erhöhen.
Das könnte gar einen Anstieg an Gästen für uns bedeuten.
Anders schätzt Gastronom Robin Deb Jensen vom Restaurant Müli in Mülligen die Situation ein: Er würde eine Zertifikatspflicht begrüssen. Denn: «Es bedeutet, dass wir hinter diesem Zertifikat ein Stück weit Normalität haben. Das heisst die Maskenpflicht verschwindet, wir können ganz normal wieder an die Tische sitzen und schliesslich verdienen wir auch mehr.»
Gar ein wirtschaftlicher Vorteil also? «Absolut», findet Jensen. Denn die Gäste fühlten sich dadurch möglicherweise in einer sichereren Umgebung. «Das könnte gar einen Anstieg an Gästen für uns bedeuten.» Das Zertifikat sei ein Befreiungsschlag – es schaffe Klarheit, indem es anzeigt, woran man sich halten soll.