2021 war für die Credit Suisse (CS) ein «annus horribilis» – ein Jahr mit zahlreichen Verfehlungen, herben Verlusten und teuren Abschreibern. 2022 wird laut CS-Konzernchef Thomas Gottstein ein «Übergangsjahr»: ein Jahr des Aufräumens und Umbauens. Das Ziel ist klar: Danach will die CS wieder durchstarten, so zumindest die implizite Botschaft des CS-Lenkers bei der Präsentation des Jahresabschlusses.
Die zweitgrösste Bank der Schweiz ruft allerdings nicht zum ersten Mal ein solches «Übergangsjahr» aus. Gottsteins Vorgänger Tidjane Thiam hatte beispielsweise bereits das Jahr 2016 so bezeichnet – doch in die Gewinnzone kehrte die Bank erst 2018 zurück.
Und wenig später, ab 2019, folgte eine ganze Serie von Skandalen: Die Beschattungs-Affäre mit dem Rücktritt von Konzernchef Tidjane Thiam Anfang 2020; die Fehlspekulationen mit Archegos und Greensill; das Intermezzo eines Kurzzeit-Präsidenten, der sich offenbar um Corona-Regeln foutierte und vor Kurzem ebenfalls das Feld räumen musste.
Noch viel zu tun
Thomas Gottstein betonte an der virtuell abgehaltenen CS-Bilanzmedienkonferenz: Für all diese Probleme gebe es keine «quick fixes», keine schnellen Lösungen. Er bittet Belegschaft, Kundinnen und Aktionäre um Geduld.
Etwas anderes bleibt ihm auch gar nicht übrig, zu gross sind die Verfehlungen im Risiko-Management, und zu frisch ist die neue Strategie, bei der die Bank künftig auf besonders riskante Geschäfte verzichten soll.
Um Zeit zu gewinnen, ruft Gottstein ein «Übergangsjahr» aus. Nur, ob dieses Kalenderjahr wirklich reicht, um die Credit Suisse wieder auf Kurs zu bringen, ist nicht klar. Das hängt von vielen Faktoren ab:
Wie viele Schlüsselpersonen kehren der Bank den Rücken?
Haben die gebeutelten Aktionärinnen und Aktionäre weiterhin Geduld, um auf Besserung beim Aktienkurs zu warten?
Was macht die Kundschaft?
Kommt es zu weiteren Fehlentscheiden im Geschäft?
Und last, but not least: Wie entwickelt sich das Umfeld für Banken ganz allgemein, auf den Finanzmärkten und bei den Zinsen?
Für die Credit Suisse war 2021 ein «annus horribilis». 2022 wird ein «Übergangsjahr». Der Titel fürs Jahr 2023 ist hingegen noch völlig offen.