Finma-Direktor Urban Angehrn hat hektische Tage hinter sich. Nach der Notrettung der Credit Suisse und deren Integration in die UBS ist die Aufsichtsbehörde ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die Finma habe zu spät und zu wenig eingegriffen, hiess es. Der Finma-Direktor wehrt sich. Die Behörde habe gegen die CS die schärfsten Aufsichtsinstrumente angewendet. Den neuen UBS-Chef, Sergio Ermotti, kennt er bestens.
SRF News: Ist Sergio Ermotti eine gute Wahl für den Chefposten der UBS?
Urban Angehrn: Es ist die Entscheidung des Verwaltungsrats, den neuen CEO zu bestimmen. Wir waren darüber informiert. Die Finma hat die Gewähr zu prüfen, allerdings kennen wir Sergio Ermotti sehr gut.
Die UBS, das ist eine Riesenbank. Wie gehen Sie damit um?
In der Tat, Sergio Ermotti muss eine grosse Bank führen. Die UBS hat einen ganz anderen Risikoappetit als die Credit Suisse. Sie hat auch eine andere Strategie und die UBS hat angekündigt, dass sie die Investmentbank der Credit Suisse radikal und schnell herunterfahren wird, was wir sehr begrüssen. Aber auch nach dieser Transformation nach der Integration wird die UBS eine sehr, sehr grosse Grossbank sein und wir werden sie mit höchster Intensität beaufsichtigen.
Kritiker sagen, die Finma habe bei der CS zu wenig hart und auch zu wenig rasch eingegriffen.
Wir haben die CS seit langer Zeit sehr intensiv beaufsichtigt. Im letzten Oktober, als es die Geldabflüsse gegeben hat, haben wir die Aufsicht nochmals intensiviert. In den letzten paar Wochen sind wir praktisch rund um die Uhr vor Ort gewesen und haben die Aufsicht betrieben.
Wir werden die UBS mit höchster Intensität beaufsichtigen.
Und trotzdem hat das nicht gereicht?
Ich kann Ihnen versichern, dass wir sehr, sehr scharf eingegriffen haben und dass wir auch Wirkungen erzielt haben. In Kombination mit anderen Behörden sind wir auch sehr gut auf die Krise, die sich jetzt materialisiert hat, vorbereitet gewesen. Und zwar nicht erst seit Mitte März, sondern seit vielen Monaten.
Die Kritik bezieht sich auch auf die Zeit zuvor.
Wir haben wirklich unsere schärfsten Instrumente eingesetzt, die Enforcementverfahren sind bekannt. Aber auch in unserer täglichen Arbeit, in der Aufsicht, haben wir immer wieder eingegriffen, Forderungen gestellt, das Aufsichtsrecht durchgesetzt. Das hat Wirkung gehabt.
Aber offenbar hat sich die CS ein bisschen um die Interventionen foutiert, sonst hätte sie ihr Verhalten geändert.
Die Risikokultur der Bank ist ein komplizierteres Thema und lässt sich natürlich nicht über die Aufsicht alleine umstellen. Der Verwaltungsrat ist am Schluss verantwortlich für die Gesamtführung der Bank inklusive Risikoappetitkultur und nicht nur für die Strategie. Wir haben Einfluss genommen und haben auch Wirkung erzielt, aber nicht genug.
Also hat die Finma kein Fehler gemacht?
Es ist klar, dass wir alle jetzt Lehren daraus ziehen müssen, auch die Finma. Es ist wichtig, jetzt alles nüchtern und faktenbasiert anzuschauen und die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Die Aufarbeitung hat angefangen.
Hat die Finma genügend Instrumente, die Aufsichtstätigkeit griffig durchzusetzen?
Auch wenn das immer diskutiert wird: Die Finma hat starke Instrumente. Wir können etwa ganze Geschäftstätigkeiten einfrieren, sodass es kein neues Geschäft mehr gibt.
Es ist klar, dass wir alle jetzt Lehren daraus ziehen müssen, auch die Finma.
Aber Bussen erteilen kann sie beispielsweise nicht.
Das muss der Gesetzgeber entscheiden. Aber was wir jetzt im Baukasten haben, ist auch scharf und wirksam.
Wie sicher sind die anderen Banken? Können Sie noch schlafen?
Das Umfeld ist natürlich anspruchsvoll für Banken: mit den Zinsen, die sich bewegen, und der Marktvolatilität. Insgesamt bin ich aber zuversichtlich, was das Schweizer Bankensystem angeht. Wir haben ja die Puffer an Kapital und Liquidität für solche Szenarien. Ich schlafe ordentlich, aber wir müssen sehr wachsam sein.
Das Gespräch führte Christa Gall.