Während dem WEF wird Davos zu einer Hochburg der Mächtigen, der Einflussreichen – und der Männer. Daran ändert sich auch in diesem Jahr nicht viel: nur 21 Prozent der Teilnehmenden am Forum sind Frauen, immerhin sechs Prozentpunkte mehr als noch vor vier Jahren.
Das ist Klaus Schwab ein Dorn im Auge, denn das WEF setze sich laut dem Forumsgründer seit Jahren für die Gleichberechtigung ein. Der aktuelle Frauenanteil reiche bei weitem nicht aus: «Wir hoffen, von den jetzigen 21 Prozent mit der Zeit auf 50 Prozent vorzurücken.»
Ein Frauengremium soll es richten
Bei der Besetzung der «Co-Chairs», der Ko-Leiter des Forums, hat sich Schwab deswegen entschieden, ein Zeichen zu setzen: alle sieben Positionen sind mit Frauen besetzt. Darunter sind einflussreiche Persönlichkeiten wie IWF-Direktorin Christine Lagarde oder Erna Solberg, Ministerpräsidentin Norwegens.
Ko-Leiterinnen des WEF 2018
Sharan Burrow | Generalsekretärin Internationaler Gewerkschaftsbund IGB |
Fabiola Gianotti | Generaldirektorin Cern |
Isabelle Kocher | Konzernchefin Engie |
Christine Lagarde | Direktorin Internationaler Währungsfonds IWF |
Ginni Rometty | Konzernchefin IBM |
Chetna Sinha | Aktivistin und Frauenrechtlerin |
Erna Solberg | Ministerpräsidentin Norwegen |
Die sieben Ko-Leiterinnen gaben heute Morgen ihre Ziele für das diesjährige Forum bekannt. Sie engagieren sich für eine ausgeglichenere Wirtschaftsordnung, den Kampf gegen die Korruption und Massnahmen für den Umgang mit dem Klimawandel.
Auch zur Geschlechtergleichheit und zur #MeToo-Debatte äusserten sich die Ko-Leiterinnen. Ausser Frage steht für Lagarde, dass auch ein reines Frauengremium viel erreichen kann:
Wir wollen demonstrieren, dass wir auch ohne Testosteron gute Lösungen liefern können.
Moralische und wirtschaftliche Vorteile
#MeToo stand im Vordergrund, als am Nachmittag Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Verwaltung im Rahmen einer Podiumsdiskussion über wirkungsvolle Massnahmen gegen sexuelle Belästigung debattierten.
Einig waren sich alle, dass sich das Arbeitsklima an vielen Stellen noch verbessern müsse. Dazu seien die Firmen moralisch verpflichtet. Peggy Johnson, beim Tech-Riesen Microsoft verantwortlich für die Geschäftsfeldentwicklung, sieht auch wirtschaftliche Vorteile eines ausgeglicheren Arbeitsumfelds.
Sie erinnert an die umständlichen Rituale, welche viele Frauen im Beruf durchmachen, um anzüglichem Verhalten aus dem Weg zu gehen. Als Beispiel nennt Johnson lange Umwege im Büro, die sie in einem früheren Beruf machte, damit sie einen chauvinistischen Mitarbeiter auf Distanz zu halten konnte. Diese Zeit ginge auf Kosten der Arbeit und der Karriereplanung. Johnson appelliert:
Nicht nur sollten wir die Situation für Frauen verändern, weil es der richtige Weg ist. Es hätte auch eine ökonomische Wirkung.
Trotz der prominenten Rolle, die der Geschlechtergerechtigkeit dieses Jahr in Davos zukommt, handelt es sich nicht um ein neues Thema am WEF. Seit 2006 publiziert das Forum den jährlichen «Gender Gap Report», eine Studie zur globalen Gleichstellung von Mann und Frau. Während sich die Situation insgesamt über Jahre laufend verbesserte, zeichnete der letztjährige Bericht ein ernüchterndes Bild: in allen vier untersuchten Gebieten – Gesundheit, Bildung, ökonomische Teilhabe und politische Mitwirkung – habe es 2017 weltweit Rückschritte gegeben. Zum ersten Mal, seit das WEF den Report publiziert.