- Einer der beiden Vize-Chefs der Deutschen Bank, Christian Sewing, löst CEO John Cryan mit sofortiger Wirkung ab.
- Cryan hatte zuvor noch angekündigt, seinen bis 2020 laufenden Vertrag erfüllen zu wollen.
Stühlerücken in der Teppichetage des grössten deutschen Finanzinstituts: Christian Sewing, einer der beiden bisherigen Vize-Chefs, ersetzt ab sofort den Briten John Cryan als CEO der Deutschen Bank. Das teilte das Unternehmen am Abend in Frankfurt nach einem Krisentreffen des Aufsichtsrats mit.
Cryan büsste an Rückhalt ein
Sewing löse den seit Mitte 2015 amtierenden Briten John Cryan mit sofortiger Wirkung ab, hiess es. Der 57-Jährige hatte nach einer Gewinnwarnung und einem massiven Absturz des Aktienkurses zuletzt den Rückhalt von Aufsichtsratschef Paul Achleitner und wichtiger Investoren verloren.
Der neue Führungsmann Sewing hat mit dem heutigen Entscheid den Aufstieg vom Lehrling zum Chef von knapp 100'000 Bankern geschafft. Nach fast drei Jahrzehnten bei der Deutschen Bank krönt er gewissermassen seine Karriere.
Ich habe meine Karriere nie geplant.
Der 47-Jährige folgt dem Briten Cryan auf den Schleudersitz in den Frankfurter Doppeltürmen. Vor dem bodenständigen Westfalen steht eine Herkulesaufgabe. Er soll das einstige Vorzeige-Institut, dem zumindest im prestigeträchtigen Investmentbanking die Konkurrenz längst enteilt ist, wieder auf Vordermann bringen.
«Ich habe meine Karriere nie geplant», sagte Sewing im vergangenen Jahr in einem Interview. Damals war der FC-Bayern-München- und Vfl-Osnabrück-Fan gerade zusammen mit Marcus Schenck zum Co-Chef der Deutschen Bank aufgestiegen.
Konkurrent aus dem Feld geschlagen
Nun hat er den ehemalige Goldman-Sachs-Banker Schenck, der wegen der gemeinsamen Vergangenheit bei der US-Investmentbank lange als Ziehsohn von Aufsichtsratschef Achleitner galt, im Rennen um die Cryan-Nachfolge ausgestochen.
«Christian Sewing hat in seinen mehr als 25 Jahren bei der Deutschen Bank konstant bewiesen, dass er führungsstark ist und eine grosse Durchsetzungskraft hat», lobte Achleitner den neuen Chef. «Der Aufsichtsrat ist überzeugt, dass es ihm und seinem Team gelingen wird, die Deutsche Bank erfolgreich in eine neue Ära zu führen.»
Weiterer Stellenabbau angekündigt
Sewing hat keinen Zweifel daran gelassen, dass auch die Wiedereingliederung der Postbank viele Arbeitsplätze kosten wird. Das grösste deutsche Geldhaus hatte Anfang 2017 seine Verkaufspläne für die Bonner Tochter begraben.
Ein neuer Riese im Privat- und Firmenkundengeschäft mit rund 20 Millionen Kunden soll entstehen. Mit Spannung wird nun erwartet, ob Sewing in seiner neuen Funktion auch bei der Investmentbank hart durchgreift und den Rotstift ansetzt.
Der erst seit 2015 amtierende Konzernchef John Cryan hatte zuletzt angekündigt, trotz der zahlreichen Probleme der Bank im Amt bleiben zu wollen. Der Vertrag des Briten lief ursprünglich noch bis zum Jahr 2020.
Cryan leitete Umstrukturierung ein
Cryan leitete in der Deutschen Bank eine massive Umstrukturierung ein, deren jüngster Schritt der Börsengang der hauseigenen Vermögensverwaltung DWS war. Ausserdem hatte er zahlreiche internationale Rechtsstreitigkeiten geerbt, die zu Milliardenstrafen und Kompensationszahlungen führten.